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76 h. Folnesics Studien zur Entwicklungsgeschichte der Architektur und Plastik des XV. Jhs. in Dalmatien

3. Die Kapelle des hl. Rainer

Außer dem Tabernakel des hl. Anastasius im Dom hat Giorgio noch an anderen Orten
in Spalato g'earbeitet, jedoch ohne daß uns bedeutendere Reste davon erhalten geblieben
wären. So überliefert uns Tosco, allerding's in historisch ungenügend beglaubigter Weise,
daß der Meister in S. Benedetto die Kapelle des hl. Rainer gebaut habe 10“). Die Kirche
S. Benedetto ist heute zerstört, allein die dem hl. Rainer geweihte Kapelle ist, wenn auch
stark verstümmelt, als Kapelle des Militärspitales erhalten.

In diesen spärlichen Resten ist die Hand
Georgios noch deutlich erkennbar. In den vier
Ecken der Kapelle betinden sich Säulen; die
beiden gegen das ehemalige Kirchenschiff gerich-
teten stecken heute zum Teil in der modernen
Zumauerung. Drei Kapitelle weisen jene stilisierte
Blattform auf, die wir an den Tabernakelsäulen
am Hauptportal in Sebenico und eben am Taber-
nakel des hl. Anastasius kennen g'elernt haben,
freilich in einer noch bewegteren, barockeren
Ausbildung (B'ig. 61). Das vierte ist in derselben
Weise aus windverdrehten Blättern gebildet, wie
die Kapitelle des Baptisteriums in Sebenico.
Über den Kapitellen läuft wie ein Gebälke ein
schmales Kaffgesimse mit birnstabförmigem Quer-
schnitt. Darüber erheben sich vier halbkreis-
förmige Blendbogen und zwei ebensolche Kreuz-
rippen, so daß die Kappen steil ansteigen.
Die Mitte des Schlußsteines bildet ein präch-
tiger, noch ganz gotisch empfundener Männer-
kopf von reichen Locken umgeben, der gegen-
wärtig in barbarischer Weise mit Goldbronze
überschmiert ist.

Der Kopt weist in den Gesichtszügen große Ahnlichkeit mit dem der vorhin bespro-
chenen Anastasius-Grabfigur auf, besonders auffällig ist die scharfe Linie unter den
Tränensäcken.

In dieser Kapelle stand ehemals die Arka S. Rainerii, von der später (S. 172) noch die
Rede sein wird.

4. Die Arbeiten am Kampanile und andere Kleinarbeit

Der Vollständigkeit halber sind noch einige kleinere Arbeiten zu besprechen, die ziem-
lich allgemein und auch mit großer Wahrscheinlichkeit unserem Meister zugeschrieben
werden:

I. Der Wappeneng'el am Kampanile.

Der romanische Baumeister, der über den antiken Tundamenten seinen Turm kühn
und luftig in die Höhe aufsteigen ließ, hat an die statische Widerstandskraft der Arkaden

10a) „Capella“ scheint hier ähnlich wie in Sebenico Seitenscliiffjoch zu hedeuten.

Fig. 61 Kapitell in der Rainerkapelle
 
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