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84 H. Fot.nf.sics Studien zur Entwicklungsgeschichte der Architektur und Plastik des XV. Jhs. in Dalmatien

zu sein, es finden sich auch keine besonderen stilistischen Übereinstimmungen in den Werken
beider Künstler — was sie verbindet, ist nur das gleiche Kunstwollen.

Ein anderes plastisches Werk an dieser Fassade, das unsere Aufmerksamkeit nicht
minder verdient, ist das Reiterbild über dem Tore (Fig. 69). Das Relief ist so weit her-
ausgearbeitet, daß es fast als Freiplastik wirkt. Nur so konnte es den auf Darstellung des
Lebendigen gerichteten Absichten Giorgios entsprechen. Ich glaube nicht, daß ein Pferd
jemals in dieser Beinstellurig einhersprengen wird, aber darauf kommt es gar nicht an,
der Eindruck des mächtigen Vorwärtssprengens ist jedenfalls vollkommen gelungen. Und
diese heftige Bewegung hat auch die Figur des Reiters ergriffen. Nicht nur sein im Winde
flatternder Mantel, sondern seine ganze, etwas vorgeneigte Haltung bringt sie zum Aus-
druck. Mit der Linken hält er den Stangenzügel, während die Rechte zu einem gewaltigen

Hiebe mit dem Schwerte ausholt. Diese Bewegung ist
in der Drehung der Schultern meisterhaft ausgedrückt.
In dem fest an die Flanken des Pferdes gepreßten, bis
in die Zehenspitzen kraftvoll gestreckten Fuß spielt die
ganze Energie, die der Augenblick erfordert. Seit dem
Can grande della scala bis zum Gatta melata ist kein
so eindrucksvolles Reiterbild geschaffen worden.

Ganz nach gegensätzlichen Prinzipien ist das Re-
lief in der Lünette des Portals von S. Francesco ge-
bildet. Es ist ein flaches Relief mit viel Detail und
einer klassischen Architektur im Hintergrunde, Mo-
mente, die wohl ausreichende Gründe abgeben, um
dieses Relief Meister Giorgio abzusprechen und einer
Fig. 69 Der Reiter von der Loggia mittelmäßigen Hand aus der zweiten Hälfte des Jahr-

dei Mercanti. Detail zu Fig. 64 huilderts ZUZUWeisen.

4. Das Portal von S. Agostino

Noch ein zweites Kirchenportal wurde in Ancona bei Meister Giorgio bestellt, das von

S. Agostino121). Die Urkunde (Anhang II, Nr. 13) ist vom Juni 1460 datiert und besagt, daß
das Portal in den Maßen mit dem von S. Francesco übereinstimmen solle. Hat sich uns das
Portal von S. Francesco als ein einheitliches Ganzes dargestellt, das sich wie das Glied
einer Kette homogen in die Reihe der iibrigen Werke unseres Meisters einreihen ließ,
so finden wir hier sehr verschiedenartige Elemente zu einem ziemlich unorganischen
Ganzen vereinigt (Fig. 70).

Der runde Bogen mit seiner tiefen, abgeschrägten Leibung erweckt beinahe den Ein-
druck eines romanischen Baues, aber die bewegten Blätter in der Leibung und die doppelt
verdrehten Blätter mit den Köpfen dazwischen, die die Kapitellzone zieren, zeigen die
Formen Meister Giorgios. Das Gesims darüber, die kannelierten Säulen mit ihren Kapi-
tellen, vor allem aber die an lombardische Beispiele gemahnenden, begleitenden Pilaster mit
ihrem Groteskenwerk scheinen einer weit späteren Phase anzugehören, während die Phialen
auf den Tabernakeln wieder rein gotisch und jenen von S. Francesco überaus ähnlich sind.

1 ■■4 5) 133S gegründet, nacli der Chronik Bernabei. Nach arbeitet, dies ist aber nicht richtig, weil der Kontrakt erst
Ricci Marchese, Memorie storiche delle arti e degli artisti 1460 abgeschlossen worden ist.
della Marca d’Ancona hätte Giorgio 1455—59 daran ge-
 
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