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H. Folnesics Studien rur Entwicklungsgeschichte der Architektur und Plastik des XV. Jhs. in Dalmatien IOg

Die Detailbildung der Umrahmung und besonders des Frieses ist so liebevoll konzi-
piert und durchgebildet, dai3 es sich wirklich lohnt, darauf näher einzugehen. Die Propor-
tion und Dekoration von Geison, Hängeplatte und Eierstab ist völlig identisch mit den
öfleichen Formen am Sockel des Marzocco. Das Muschelmotiv des Frieses iinden wir im
Gebälk des Verkündigungstabernakels von S. Croce vorgebildet, noch deutlicher am unteren
Gebälk der Sängertribüne. Wir sehen, Donatello ist fitr die Detaildurchbildung das Vorbild.

ln der Gesamtdisposition ist aber ein
direkter Gegensatz zu bemerken. Für Dona-
tello ist eine subjektive Auffassung in der
Architektur charakteristisch. Das heißt, seine
Werke auf dem Gebiete der Arcliitektur
lassen sich nicht in bestimmte theoretische
Regeln einfangen. Zum Beispiel ist ein Kapi-
tell bei Donatello nie „ionisch“ oder „korin-
thisch“ oder entspricht sonst irg'end einer
schon vor ihm existierenden Form, sondern
er schafft ganz subjektiv für einen gegebenen
Ort eine ganz freie Kapitellform, die eben
nur an diesem Orte ihre Berechtigung hat.

Zum Beispiel an den Eckpilastern des Ver-
kündigungstabernakels in S. Croce, an den
Trennungspfeilern der Sängertribünen, an den
Architekturdarstellungen auf den Paduaner
Reliefs und den Kanzeln von S. Lorenzo und
endlich das Bronzekapitell der Außenkanzel in
Prato. In diesen Schöpfungen Donatellos klingt
schon jener Subjektivismus in der Architektur
an, der bei Michelangelo in der Laurenziana-
Treppe seine höchste Potenz erreicht.

Den kontradiktorischen Geg'ensatz zu
dieser subjektiven Richtung Donatellos bil-
det die Stileigentümliclikeit Brunelleschis,
des Klassikers katexochen.

An dem liier besproclienen Fenster finden sich die beiden gegensätzlichen Strömungen
vereint. Der klare Gesamtaufbau, der geringe Vorsprung der Profile, die Proportionen sind
ganz im Sinne Brunelleschis komponiert, während sich für jedes einzelne Detail ein Vorbild
im Oeuvre Donatellos aufweisen ließ.

Aber gerade in diesem Eklektizismus, der — sit venia verbo — die manchmal fast öde
(nämlich öde im Vergleiche zu einer weniger klassischen Formensprache) Einfachheit von
Brunelleschis architektonischer Struktur mit dem Formenreichtum Donatellos kombiniert,
scheint mir ein Hauptzug der Stileigentümlichkeit Michelozzos zu liegen.

Diese Fensterrahmung ist aber neben den Archivolten das einzige Detail, welches der
Meister ganz aus eigenem, olme beschränkende Rücksiclit auf vorhandenes oder neu zu
verwendendes Material schaffen konnte. Denn in der Vorhalle mußte er, wie schon g'esagt,
die alten Säulenschäfte wieder verwenden, die er bloß durch gewaltsame Mittel seineu


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Fig. 89 Fenster des Rektorenpalastes in Ragusa,
Detailskizze zu Fig. 88
 
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