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H. Folnesics Studien zur Entwicklungsgeschichte der Architektur und Plastik des XV. Jhs. in Dalmatien 1 I 3

Hat sich Michelozzo bei den Kapitellen einer willkürlichen Formengebung' bedient und
bei den Kämpfern zwar die Hauptform gewahrt, aber das Detail variiert, wodurch sie den
Übergang zu den Bogen vermitteln, so kommt nun bei den Archivolten die klassische
Richtung seines Vorbildes Brunelleschi voll zur Geltung. Diese Bogen sind der schönste und
wirkungsvollste Teil der ganzen Fassade und gehören zum Besten, was Michelozzo je ge-
schaffen hat (Fig. 92).

Einen ganz besonderen Vorzug bildet der Umstand, daß die Kraft der großen archi-
tektonischen Linien durch den Reichtum der Ornamentik nicht nur nicht geschwächt, son-
dern in festlicher Weise gehoben wird. Alles Detail daran ist mit ungewöhnlichem Vor-
bedacht und eingehender Liebe behandelt. Dies zeigt sich besonders an der schönen Deko-
ration der Leibung.

Es sind hier die Füllungsmotive aus
S. Lorenzo in Florenz in der glücklichsten
Weise weitergebildet, während an der
Vorderfront der Bogen, das Motiv des
mit einem Bande umschlungenen Eichen-
kranzes, das wir vom Eingange der Pazzi-
kapelle her kennen, von neuem zur An-
wendung kommt. Beide Male sehen wir
unseren Meister den Spuren Brunelleschis
folgen, doch keineswegs als bloßen Nach-
ahmer. Vielmehr sind die Eichenkränze
weit üppiger gestaltet wie an der Pazzi-
kapelle und die Gesamtwirkung reicher,
die Bogen lastender, das Ganze seinem
profanen Zweck entsprechend, weniger auf-
strebend, wie die in den Proportionen noch
halb gotisch empfundenen Kirchenbauten
Brunelleschis. Als zusammenfassendes
Bindeglied an der Stelle, wo die Kränze
zweier Bogen zusammentreffen, ist das
Motiv der Feuerblume (uupoj avüpov), des
Blitze schleudernden Zeus verwendet und
verschieden durchgeführt.

Auf diese Weise gelang es ihm, in seine neue Konzeption soviel Kraft und künstleri-
sche Bedeutung hineinzulegen, daß der Palast zu völlig neuartiger Wirkung gelangte und
alle mittelalterlichen Formen daneben ein kleinliches Aussehen gewannen.

Seine Arbeit beschränkte sich nicht bloß auf die Fassade, er mußte auch eine organi-
sche Verbindung der Arkaden mit der dahinter liegenden Wand herstellen169). Zum Zwecke
dieser Verbindung sehen wir den Kämpfern gegenüber sieben Konsolen in die Wände ein-
gelassen. Sie sind kleiner und zarter als die Kämpfer, was darauf hindeutet, daß der
Bogen, der darauf zu stehen kommen sollte, wäre er wirklich aufgeführt worden, bedeutend
schmäler geworden wäre als die Leibung der Archivolte.

169) Die Wölbung Onofrios, wahrscheinlicb Kreuz- mußte jedenfalls bei der Ersetzung der SpitzbOgen durch
gewölbe, war ja durch die Katastrophe beschädigt und Michelozzos Archivolte entfernt werden.

Jahrbuch des kunsthist. Instituts der k. k. Z. K. für Denkmalpflege 1914

Fig- 93

Wandkonsole in der Eingangshalle des Rektorenpalastes

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