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H. Fot.nesics Studien zur Entwicldungsgeschichte der Architektur und Plaslik des XV. Jhs. in Dalmatien 153

Das K.ranzmotiv, allerdings in anderer Verwendung, finden wir in der neuen Renais-
sancekunst zuerst in der alten Sakristei und im Chore von S. Lorenzo und in dem Eingangs-
bogen zur Pazzikapelle. In diesen genannten Fällen begleitet ein von einem gemustertem
Bande umwundener Eichenkranz den Bogen.

In ähnlicher Weise verfahren die Nachfolger Brunelleschis; besonders in der Robbia-
werkstatt war diese Kranzform das geläufigste Umrahmungsmotiv und erhielt seine üppigste
Ausbildung. In der von Brunelleschi angewendeten Gestaltung lernten wir den Eichenkranz
als Zierglied der Bogen des Michelozzo in Ragusa
kennen.

Obwohl nun, wie wir sehen, der Eichen- oder
Fruchtkranz, meist mit einem Bande umwunden, ein
Motiv ist, dem wir im Kreise Brunelleschis öfters
begegnen, so wäre es doch in diesem Kunstkreise
unmöglich, ihn unter einem Gesimse hinlaufen zu
lassen, ebenso wie er auch in der Augustei'schen Zeit
nur als ein zufälliges Dekorationsstück, nie als ein
Bauglied vorkommen kann. Vgl. etwa den Kranz
mit dem Adler von der Vorhalle von SS. Apostoli
in Rom (abgebildet bei Wickhoff, die Wiener Genesis).

Trotzdem stammt das Motiv auch in dieser Verwendung noch aus der Antike, es
gehört nur einer ganz anderen Kategorie antiker Vorbilder an als die von Brunelleschi
nachgeahmten, nämlich nicht den Bauten aus Auguste'ischer Zeit, sondern dem Dio-
kletianischen Palaste. An diesem Vorbilde bedeutet der Kranz nicht ein von außen her-
genommenes und äußerlich angeheftetes Ziermotiv, sondern stellt eine Weiterbildung des
Frieses im jonischen Gebälk dar. Der figurale oder ornamentale Relieffries dieser Ordnung
erhält in der antik römischen Barockzeit eine leichte Krümmung nach außen und wird
infolgedessen nur mehr ornamental dekoriert. Diese Krümmung' ist gleichsam als Wirkung
der Last gedacht, die die weiteren darauf ruhenden Gebälksteile ausüben. Beim Askulap-
tempel in Spalato ist dies ganz deutlich erkennbar.

Noch einen Schritt weiter und der Fries springt in vollem Halbkreis vor die Wand-
fläche vor. Jetzt ist auch an den bisherigen ornamentalen Reliefschmuck nicht mehr zu
denken, da er nicht mehr voll übersehen werden könnte, der Künstler dekoriert den Fries
daher mit schuppenartig gelagerten, regelmäßig stilisierten Lorbeerblättern. Damit ist die
Kranzform gegeben. Diese Form findet sich fast an allen Objekten des großen Gebäude-
komplexes, der den Diokletianischen Palast bildet.

Bei seinen Restaurierungsarbeiten am Domkampanile zu Spalato hatte Niccolö reich-
lich Gelegenheit diese Details kennen zu lernen. Daß er diese Vorbilder tatsächlich
studiert und nachgeahmt hat, haben wir schon bei der Raumdisposition der Orsinikapelle
gesehen.

So erklärt sich die Kühnheit des Dalmatiner Architekten, an den Vorbildern Brunelleschis
derartige Veränderungen vorzunehmen. Dabei ist jedoch zu bemerken, daß Niccolö diesen
Blattkranz keineswegs als eine Umbildung des Frieses ansah, sondern vielmehr als unteren
Abschluß des Gesimses, da ihm die antike Dreiteilung des Gebälkes In Hauptgesimse, Fries
und Architrav in der weitergebildeten Gestalt am Diokletianischen Palaste nicht klar
geworden war. Dies erkennen wir daraus, daß er nicht die Notwendigkeit empfindet, unter

Jahrbuch des kunsthist. Instituts der k. k. Z. K. für Denkmalpflege 1914

Fig. 138

Das Hauptgesimse vom Dom zu Sebenico

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