H. Folnesics Studien zur Entwicklungsgeschichte der Architektur und Plastik des XV. Jhs. in Dalmatien 159
habe. Dies läßt sich leicht aus stilistischen und technischen Gründen widerlegen, die sich
aus der genauen Betrachtung der einzelnen Details von selbst ergeben werden.
In stilistischer Beziehung stimmen alle Bauglieder mit den uns bereits bekannten
Bauten Niccolös überein. Die Anordnung der Fensterbogen des Tambours zwischen kanne-
lierten Pilastern ist dieselbe wie in der Orsini-Kapelle, die Kapitelle und Gesimse sind die
gleichen wie in Traü und den von ihm gebauten Teilen des Domes. Wichtiger als diese
stilistischen Übereinstimmungen sind die konstruktiven Eigenheiten dieser Kuppel. Über-
den Gurtbogen, die das Mittelschiff und Querhaus von der Vierung trennen, mußte das
Vierungsquadrat ins Achteck übergeführt werden (Fig. 142). Dies geschah, indem die zwi-
schen den Gurten entstehenden Zwickel, in ähnlicher Weise wie die übrigen Gewölbe, mit
trapezförmigen Platten überdeckt wur-
den und so eine den Pententivs ana-
loge Wölbung geschaffen wurde. Über
diesem Achteck wurde der Tambour,
dessen obere Hälfte durch Fenster
durchbrochen wird, senkrecht aufge-
mauert. Außen wurde die Mauerung
zur Erhöhung des Vertikaldruckes bis
an den Fensterkranz viereckig weiter-
geführt und dort mit einem kräftigen
Kranzgesimse abgeschlossen. Von hier
an nach aufwärts stimmt die Gliede-
rung innen und außen überein. Jede
Seite des Achtecks wird durch zwei
Rundbogenfenster durchbrochen. Zwi-
schen diesen stehen kannelierte Pilaster
mit korinthisierenden Kapitellen etwa
wie in den Ecken der Orsini-Kapelle.
Darüber liegt neuerlich ein feinesKranz-
gesimse, dann steigt die Kuppelwöl-
bung an. In ihr erreicht die Kühnheit
der schon mehrfach besprochenen Ge-
wölbekonstruktionen ihren Höhepunkt.
Von den acht Ecken aus steigen eben-
soviel Rippen im Spitzbogen an. Auch sie sind wie die Gurten der Langhauswölbung mit
Falzen versehen und in diese sind die Dachplatten eingelassen. Diese an sich kühne Kon-
struktion auf einen so zarten Tambour zu stellen, der seinerseits wieder nur auf vier Gurt-
bögen und diese auf vier Säulen ruhen, ist ein konstruktives Wagnis sondergleichen.
Die Linie, in der die Kuppel ansteigt, und die Form der Rippen lassen uns an ein
Denkmal aus der Heimat Niccolös denken: Die Kuppel Brunelleschis.
Doch ist bei Niccolö etwas völlig Neues hinzugetreten, das Brunelleschi noch nicht
kannte: der Tambour. Wir hören zwar häufig von dem Tambour der Florentiner Dom-
kuppel sprechen, aber das ist eine ganz ungenaue Ausdrucksweise232). Denn der Tambour
232) Ein gutes Beispiel für die Ungenauigkeit derVer- Pendantivs in Schubrings Hilfsbuch z. Kunstgescli. S. 133:
wendung architektonischer Termini ist die Erklärung des sphärischesDreieck, vermittelt zwischenTambour uudKuppel.
habe. Dies läßt sich leicht aus stilistischen und technischen Gründen widerlegen, die sich
aus der genauen Betrachtung der einzelnen Details von selbst ergeben werden.
In stilistischer Beziehung stimmen alle Bauglieder mit den uns bereits bekannten
Bauten Niccolös überein. Die Anordnung der Fensterbogen des Tambours zwischen kanne-
lierten Pilastern ist dieselbe wie in der Orsini-Kapelle, die Kapitelle und Gesimse sind die
gleichen wie in Traü und den von ihm gebauten Teilen des Domes. Wichtiger als diese
stilistischen Übereinstimmungen sind die konstruktiven Eigenheiten dieser Kuppel. Über-
den Gurtbogen, die das Mittelschiff und Querhaus von der Vierung trennen, mußte das
Vierungsquadrat ins Achteck übergeführt werden (Fig. 142). Dies geschah, indem die zwi-
schen den Gurten entstehenden Zwickel, in ähnlicher Weise wie die übrigen Gewölbe, mit
trapezförmigen Platten überdeckt wur-
den und so eine den Pententivs ana-
loge Wölbung geschaffen wurde. Über
diesem Achteck wurde der Tambour,
dessen obere Hälfte durch Fenster
durchbrochen wird, senkrecht aufge-
mauert. Außen wurde die Mauerung
zur Erhöhung des Vertikaldruckes bis
an den Fensterkranz viereckig weiter-
geführt und dort mit einem kräftigen
Kranzgesimse abgeschlossen. Von hier
an nach aufwärts stimmt die Gliede-
rung innen und außen überein. Jede
Seite des Achtecks wird durch zwei
Rundbogenfenster durchbrochen. Zwi-
schen diesen stehen kannelierte Pilaster
mit korinthisierenden Kapitellen etwa
wie in den Ecken der Orsini-Kapelle.
Darüber liegt neuerlich ein feinesKranz-
gesimse, dann steigt die Kuppelwöl-
bung an. In ihr erreicht die Kühnheit
der schon mehrfach besprochenen Ge-
wölbekonstruktionen ihren Höhepunkt.
Von den acht Ecken aus steigen eben-
soviel Rippen im Spitzbogen an. Auch sie sind wie die Gurten der Langhauswölbung mit
Falzen versehen und in diese sind die Dachplatten eingelassen. Diese an sich kühne Kon-
struktion auf einen so zarten Tambour zu stellen, der seinerseits wieder nur auf vier Gurt-
bögen und diese auf vier Säulen ruhen, ist ein konstruktives Wagnis sondergleichen.
Die Linie, in der die Kuppel ansteigt, und die Form der Rippen lassen uns an ein
Denkmal aus der Heimat Niccolös denken: Die Kuppel Brunelleschis.
Doch ist bei Niccolö etwas völlig Neues hinzugetreten, das Brunelleschi noch nicht
kannte: der Tambour. Wir hören zwar häufig von dem Tambour der Florentiner Dom-
kuppel sprechen, aber das ist eine ganz ungenaue Ausdrucksweise232). Denn der Tambour
232) Ein gutes Beispiel für die Ungenauigkeit derVer- Pendantivs in Schubrings Hilfsbuch z. Kunstgescli. S. 133:
wendung architektonischer Termini ist die Erklärung des sphärischesDreieck, vermittelt zwischenTambour uudKuppel.