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l66 H. Foi.nesics Studien zur F.ntwicklungsgeschichte der Architektur und Plastik des XV. Jhs. in Dalmatien

fachen Pfeilern, die weder der Basen und der Kapitelle noch des Architravs bedürfen und
auch in ihrem Verhältnis von Höhe und Breite mehr Freiheit gestatten.

Wir sehen also, daß das Bestreben, die Unterordnung der SeitenschifFe unter das Haupt-
schiff in der Fassade harmonisch zum Ausdruck zu bringen, bei allen drei Bauten nicht
vollkommen einwandfrei zum Ausdruck gekommen ist. Wir haben hier ein Problem vor
uns, mit dem sich auch L. B. Alberti in Sta. Maria Novella beschäftigt hat, das aber erst
die Barockzeit im Gesü endgültig gelöst hat. Bei S. Michele wie bei S. Zaccaria sehen wir
trotz aller reicheren und prächtigeren Ausstattung und der reiferen Durchbildung der

Fassade im Vergleich zu Sebenico in
gewisser Hinsicht einen Rückschritt.
Denn während die Dreirundgiebel-
form bei Niccolös Bau in seiner eigen-
artigen Konstruktion begründet war,
der Umriß seiner Fassade also dem
Querschnitt des Langhauses entsprach,
sind die venezianischen Fassaden reine
Schauwände, ohne organischen Zu-
sammenhang mit der dahinter liegen-
den Kirche, die sie sowohl an Breiten-
wie an Höhenausdehnung weit über-
treffen. Die Fassade bildet für den
in die Kirche Eintretenden nicht die
harmonische Vorbereitung für den
Kirchenraum, der sich ihm nun öffnen
soll, es entsteht keine rhythmische
Steigerung von der Fassade zum
Langhaus, vom Langhaus zur Kuppel,
um dann im Chore würdig auszu-
klingen, sondern die Fassade steht
losgelöst von dem dazugehörigen Bau,
wie eine wirkungsvolle Bühnendeko-
ration vor dem Beschauer, weit mehr
auf das Platzbild berechnet, als auf den zugehörigen Kirchenbau. Moro Carducci erweist
sich in dieser Anlage ganz als Bergamaske, seine Baugesinnung ist dieselbe, wie die der
Erbauer der Prunkfassade an der Certosa di Pavia, fast hätte ich gesagt vor der Certosa,
denn hier hat die Fassade mit dem Kirchenbau dahinter gar nichts mehr gemein.

Freilich war diese Tendenz der Schaufassade in Venedig schon früher vorhanden, denn
an der Fassade von S. Marco macht sie sich bemerkbar. Allein die Gotik hatte in S. Madonna
dell’ Orto und in S. Giovanni in Bragora auch ganz organisch gegliederte Fassaden geschaffen.

In Dalmatien selbst blieb die Fassade des Domes von Sebenico das ausschlaggebende
Vorbild bis in die Barockzeit. S. Salvatore in Ragusa (Fig. 105 auf S. 124), das seiner In-
schrift zufolge 1620 erbaut ist, haben wir schon erwähnt (S. 123). Ähnlich ist die damit
ziemlich gleichzeitige E’assade von S. Maria in Zara244). Der letzte Ausläufer dieses Typus
ist die erst am Ende des XVII. Jhs. erbaute Domfassade in Lesina (Fig. 149).
ui) Abgeb. bei Gurlitt, Denkmäler der Kunst in Dalmatien II, X. 84.

Fig. 149 Domfassade zu Lesina
 
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