Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
H. Folnesics Studien zur Entwicklungsgeschiclite der Architektur und Plastik des XY. Jhs. in Dalmatien 173

An der Figur des Heiligen und den beiden Nebenpersonen oben machen wir ähnliche
Beobachtungen. Die ausdrucksvolle Gesichts- und Gewandbehandlung erinnert an die Statuen
der Orsinikapelle, in der klagenden Alten erkennen wir ein gewohntes Atelierrequisit Nic-
colös und in der Gesamtanlage finden wir ebenso eine Anleihe bei Giorgio wie in dem
Berliner Relief, die diesmal allerdings auf den Wunsch des Bestellers zurückzugehen scheint.
Trotz aller dieser auf Niccolö hinweisender Merkmale erscheint uns doch manches befremd-
lich. So vor allem die Gotik, die noch in der Rahmung des Reliefs und besonders in den
tragenden Säulchen steckt. Auch die etwas plumpe Ausführung der Putten und die gewiß
geschmacklose Anordnung der
übereinander liegenden Arme
oben passen nicht zu dem Bilde,
das wir bisher von Niccolö ge-
winnen konnten. Auch die Art,
wie bei den Vorhang haltenden
Putten zu beiden Seiten das
innere Bein mit den Kissen kol-
lidiert, so daß man nicht genau
weiß, wo Bein und wo Polster
ist, erscheint wenig gelungen.

Bei dieser Beobachtung werden
wir uns leicht erinnern, daß wir
eine ähnliche Unbeholfenheit
schon einmal konstatieren konn-
ten, und zwar am Baptisterium
des Alexi; dort kollidierte ein
Putto mit einer Säule. Und
Alexi war es auch, bei dem wir
die merkwürdigen Mischformen
fanden, ähnlich wie hier an den
Säulen. Da wir aber wissen,
daß Niccolö und Alexi nach
Vollendung der Orsinikapelle
gemeinsam nach Spalato gingen,
in Spalato aber die Kapelle des
hl. Rainer kurz vorher von Gior-
gio erbaut worden war, der aber,
ehe er diese vollendet hatte,
nach Ancona berufen wurde, so verdichtet sich die Wahrscheinlichkeit, daß wir in der
Arca Rainerii ein Werk dieser beiden Meister vor uns haben, beinahe zur Gewißheit.

Vielleicht hat auch bei diesem Werke, ähnlich wie bei S. Agostino in Ancona, ein
disegno Giorgios vorgelegen, auf dessen Vorhandensein einerseits die auffallende Ähnlichkeit
und anderseits die mißverstandenen Details zurückzuführen wären. Auch dieses Werk gehört
sicher ebenso wie das Berliner Relief in die Frühzeit des Meisters, wir besprechen es nur
deshalb erst an dieser Stelle, weil wir uns erst über seine sicheren Werke im klaren sein
mußten, ehe wir es wagen durften, Zuschreibungen bloß auf stilistische Analogien zu gründen.
 
Annotationen