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174 H. Fot.nesjcs Studien zur Entwicklungsgeschichle der Architektur und Plastik des XV. Jhs. in Dalmatien

3. Die Decke des Baptisteriuins in Sebenico und andere Kleinarbeiten

Durch die Zuweisung- der Arca Rainerii an das Künstlerpaar Niccolö und Alexi haben
wir auch den Ausgangspunkt für die Beurteilung der Baptisteriumsdecke in Sebenico ge-
funden. Wenn wir die geflügelten Cherubsköpfchen an der eben besprochenen Arca mit
denen der Decke vergleichen, muß uns ihr völlige Identität auffallen (Fig. 153). Wir werden
also auch hier an Alexi denlcen, von dem wir wissen, daß er gerade in den Fünfziger-
jahren — das muß die Erbauungszeit des Baptisteriums gewesen sein — bei Giorgio an-
wesend war258). Daß ihm die Figur des schwebenden Engels so hervorragend gelungen ist,

ist wohl auf ein antikes Vorbild zurück-
zuführen, einzelne Mängel der Ausführung,
wie z. B. der linke Handansatz, verraten
sein mangelhaftes Können auch hier.

Die beiden anderen Engel dieser Decke
bleiben auch jetzt noch ein Rätsel. Es
wäre naheliegend, sie Meister Niccolö zu-
zuschreiben, obwohl wir in seinen Werken
keine schlagenden Analogien finden. Diese
Zuschreibung geschieht auch nur darauf-
hin, daß eben weder Giorgio noch Alexi
einer derartigen Leistung fähig scheinen.

Einige Werke architektonischer Klein-
arbeit verdienen noch eine kurze Erwäh-
nung. Zunächst die Kanzellen und Sänger-
tribünen im Dom, deren Urheberschaft
für Niccolö durch ein kürzlich von Mia-
gostovich gefundenes Dokument gesichert
ist259). Jene Brüstungen, die weitaus feiner
und mehr architektonisch empfunden sind
als die fast gleichzeitigen der Lombardi
in S. Maria dei miracoli zu Venedig,
schließen sich den besten Florentiner Ar-
beiten dieser Art, etwa den Kanzeln
Desiderios, würdig an (Fig. 154)260). Doch
zeichnen sie sich vor diesen durch ihre
strenge architektonische Klarheit aus,
man sieht es ihnen an, daß ein Architekt ihr Schöpfer war. Die kleinen, spiralig kanne-
lierten Säulchen ■—• wir erinnern uns an die Säulen der Orsinikapelle — tragen über kleinen
überaus zarten korinthischen Kapitellen ein kämpferartiges Gebälksstück, wie wir es aus
den beiden Basiliken Brunelleschis kennen. Darüber steigt die kleine Archivolte an, auf
der dann das folgerichtig’ als Gesimse (Fig. 155) gebildete Geländer ruht. Die im Viertel-
kreis vor die Kapitelle der Vierungssäulen vorgelegten Kanzeln zeigen dasselbe Motiv
etwas variiert, indem je zwei Bogen durch massivere Pfeiler zu einem Felde zusammen-
gefaßt werden, ein Nachhall der Vorliebe für die Zweiteilung, die wir bei Brunelleschi

2o8) Molfe, Nr. 98. 26°) Eine gute Abbild. auch bei Ivekovic III, T. 84,

259) Mole, Nr. 159. die Seitenwangen der Chorsitze auf T. 85.

Fig. 154 Ecke der Chorkanzelle des Domes zu Sebenico
 
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