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Anton Matejöek Norbert Grund

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freien, aber gut gewälilten Naturausschnitt ersetzt.
Sie wird reicher, verschiedenartiger, die Einzelformen
sind mit Überlegung dem Gesamteindrucke subordi-
niert und die durchleuchtete Atmosphäre bildet einen
wesentlichen Bestandteil des malerischen Ausdruckes,
die rauhe Lokalfarbe ist künstlerisch überwunden,
die Farbenskala wird heller und reiner und das Licht
umwebt die Formen und umhüllt sie mit einem Schleier,
der ihnen die Schärfe, den Farben die Grelle nimmt.
Auch die Pinselführung ist freier und schärfer aus-
geprägt und die farbige Dominante erweckt im Be-
schauer eine bestimmte Naturstimmung. Kurz, diese
Tendenz, eine illusionistische Wirkung zu erzielen,
wird zum bewußten Prinzipe seines Schaffens. Diese
Umwandlung bei Johann Brand ist keine Einzel-
erscheinung. Bei August Querfurt, Karl Aigen, die
zu den besten Vertretern der Wiener Landschafts-
und Genremalerei zu rechnen sind, ltönnen wir
Gleiches beobachten.

In diesem Milieu ist Norbert Grund künstlerisch
aufgewachsen, sein Lehrer war Franz de Paula Ferg
und dadurch ist uns der Ausgangspunkt zur kriti-
schen Analj'se seiner Werke gegeben. Von den Bil-
dern, die uns erhalten geblieben sind, wird man kaum
ein einziges in seine Frühzeit setzen14). Die Stilana-
lyse gestattet es jedoch, diejenigen zu bestimmen,
die von den erhaltenen die frühesten sind. Die Bilder
„Kirmeß im Dorfe“ und „Tanz vor dem Dorfwirts-
hause“ des Prager Rudolfinums beweisen, wie eng

Meinung, da3 sie vielmehr auf die Wirkung der Venezianer
weist. Mit welchem Mißverständnis man die Franzosen nacli-
geahmt hat, beweisen die Werke des Franz Sigrist, der um
die Mitte des Jahrhunderts in Paris war und ganz unbe-
deutende Elemente dcr französischen Kunst mitgebracht hat.

t4) Die Galerie im Rudolfinum umfaßt 107 Bilder
der Hoserschen Gemäldesammlung, Prämonstratenserkloster
am Strahov in Prag 26, Hohenfurt (Kloster), Rosenberg
(Schloß), Brüx (städt. hluseum), Ossegg (Stift), Dresden
(königl. Galerie) besitzen einige Bilder Grunds. Von Privat-
sammlern sind zu nennen: Hh. Alois Pelz (Prag), Dr. Ri-
ehard Jahn (Prag), kaiserl. Rat J. V. Novak (Prag), Ing.
Alfred Svoboda (Prag), M.U.Dr. J. Franta (Prag), Arcli.
J. P. Sebek (Prag), Fr. Chaura, Antiquitätenhändler (Prag),
B. Lantner (Prag), Anton Polak (Karolinental), Dr. Prokop
Toman (Podhor-Prag), k. k. Oberfinanzrat Karl Buchtela
(Prag), Graf Lanckoronski (Wien).

Grund sich in seiner Frühzeit an Ferg angeschlossen
hat. Ein anderes, das den Namen „Die Begegnung“
trägt, das den Bildern Aigens naheliegt, beweist,
daß sich zur Zeit der Entstehung dieses Werkes sein
Horizont bereits bedeutend erweitert hatte. Daß der
Einfluß der Venezianer, besonders Guardis und Lon-
ghis, fiir Grunds ganze künstlerische Entwicklung
maßgebend geblieben ist, beweisen seine zahlreichen
Bilder der Spätzeit. Es sind wohl nachträglich andere
Einflüsse hinzugetreten, wie die unwiderstehliche Wir-
kung der Franzosen, aber selbst wenn ihm eine fran-
zösische Radierung als Vorlage dient, bleibt er seiner
Schulung treu

Grund war ein Kleinmeister, dessen Bedeutung
nicht unterschätzt werden darf. Mit dem Porträt-
maler Quirin Jahn, dem Stecher Johann Balzer und
dem Architekturmaler Ludwig Kohl gehörte er zu
der letzten Malergeneration des XVIII. Jhs. Daß er
in seiner Zeit geschätzt wurde, beweist dieVerbrei-
tung seinerWerke in zahlreichen Stichen von Balzcr15).
Um 1820 war sein Andenken noch frisch. Ignaz
Richard Wilfling sprichtim „Nekrolog I.udwig Kohls“
(Prag 1821) mit Verehrung von ihm. Die siegreiche
Flut des Klassizismus hat seinen Namen im Gedächt-
nisse des Volkes fast verwischt und die Generation
der Dreißigerjahre, die an seine Kunst anknüpft, hat
sein Gedächtnis in ihren Werken auferstehen lassen.
Die moderne Kunstgeschichte, die bestrebt sein muß,
ihre Entwicklungsreihen xnöglichst lückenlos aufzu-
stelien, hat nicht nur Raum für die Gi'oßen, die der
Kunst Neuland eroberten, sondern auch fiir die vielen
kleineren Meister, die an der übernommenen Tradi-
tion festhielten und auf diese Weise eine Kontinuität
der Entwicklung ermöglicht haben. Sie wird Norbert
Grund nicht schweigend übergehen können.

Anto.v MatSjöek

15) Dicse Blätter, von denen mehr nls 200 bekannt
sind, finden sich in den Kupferstichkabinetten ganz Europas
zerstreut. Die größte Sammlung besitzt das Museum des
Königreiches Bölimen. Eine wichtige Kollektion ist im
Jahre 1775 in Paris, Augsburg, Wien, Prag und Leipzig
unter dem Titel „Fiinfzig Landschaften, nebst andern vielen
Konversationsstückcn und ländlichen Vorstellungen nachNor-
bert Grund“ erscliienen. Siehe den Aufsatz von A. Dolensky' in
Thieme-Bcckers Lexikon Bd. II S. 430 und Toman 1. c. S. 300.

Jahrbuch des kunsthist. Instituts der k. k. 7.. K. für Penkmalpflege 1914. P.eililatt

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