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Anton Gnirs Grundrißformen istrischer Kirchen aus dem Mittelalter

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sichert ist, während der Narthex mit einem niedrigen,
an die Fassade angesetzten Pultdach eingedeckt ge-
wesen zu sein scheint.

Beiderseits schließen sich an die Kultanlage,
nur in einigen Mauerzügen erhalten, bauliche Annexe
an, die später einmal einem Kloster gedient haben
sollen. Inschriften zur Baugeschichte dieses Objektes
sind bis jetzt nicht gefunden, doch gestatten die
ganze Bauweise, dekoratives Architekturmaterial,
das sich an einzelnen Stellen beobachten ließ, und
Terrakottareste (Ziegel und Scherben) die Datierung
des Baues noch in eine frühe Zeit christlicher Bau-

Ihre jetzige Gestaltung zu einem einschiffigen
Kirchlein mit vorgesetzter Vorhalle hat die Anlage
erst im XVII. Jahrhundert erhalten. Dabei sind die
Seitenschiffe und die Hauptapsis abgetragen und
die Arkaden vermauert worden, so daß die Kirche
heute nur über den Raum des ursprünglichen Mittel-
schiffes verfügt. Eine mit Grabungen verbundene
Untersuchung des Baudenkmales ließ in den Seiten-
schiffen den Grundriß und in den mittleren Bauteilen
sogar noch das erhaltene Hochschiff einer drei-
schiffigen Pfeilerbasilika erkennen, deren Schiffe in
Apsiden sich fortsetzen. Die halbrunde Hauptapsis

Fig. 19 Kirchenruine in Val Noghera. Blick gegen die Front des Narthex

tätigkeit. Eine eingehende Untersuchung der inter-
essanten Ruine wäre sehr zu wünschen. Doch müßte
einem derartigen Unternehmen vor allem die völlige
Freilegung und die Reinigung der Annexe (A, B, E)
von dem dort wuchernden Strauchwerk und dem
Verschüttungsmaterial vorangehen, in dem auch
noch mancher Fund zu erwarten ist. Sehr zu wün-
schen wäre es auch, daß sich mit dieser Arbeit ge-
eignete Maßnahmen zur Erhaltung dieses Baudenk-
males verbinden.

Einen frühen Typus kleiner, dreischiffiger Ba-
siliken mit Apsiden als Abschlüsse zeigt der Grund-
riß der Kirche S. Quirino (Fig. 22) an der Triester
Straße, 3ll2km nördlich von Dignano in der Flur
Sulsian gelegen, deren Restaurierung durch die Z. K.
im Jahre 1912 angeordnet und durchgeführt wurde5).

5) Mitt. der Z. K., III. F., 12. Band 145 und 170,
Fig. 131. Fig. 130 ist dort irrig als S. Quirino benannt;
soll heißen S. Katerina-Kirchlein in S. Vincenti.

wird von einem verhältnismäßig niedrigen Triumph-
bogen geschlossen. Ähnliche Abschlüsse sind für die
Seitenschiffe anzunehmen, deren Apsiden größer als
der halbeKreis gestaltet und imBogen ummantelt sind.
In den Apsiden wurden die in den Boden versenkten
Steinbehälter des Altarsepulcrums, allerdings spoliert,
noch vorgefunden, über die eine Tischmensa nach
vorhandenen Spuren zu schließen, aufgestellt war.
Jedes Schiff öffnete sich durch eine Eingangstür in
der Fassade, während in den Längswänden noch
seitliche Pforten eingebaut sind. Von der Archi-
tektur einer Pergola (Lettner), die unter der ersten
Arkade durchlaufend die Altarräume weiterhin ab-
schloß, sind Reste der Schrankentafeln mit Flecht-
werksornamenten geziert und das angebrochene
Kapitell (Fig. 23) einer zugehörigen Freistütze ge-
funden worden. Letzteres wird in das IX.—X. Jh.
gehören, während der Kirclienbau selbst um vielleicht
zwei Jahrhunderte zurückdatiert werden muß.
 
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