6g
Leo PlanISCig Die Sammlung Fiscliel, Wien
70
Buche über Kunstwerke und Künstler in England init
voliem Lob erwähnt ist (Öl, Leinwand, 92 X 133 cm).
Ein alter Mann spielt die Laute, ein anderer in mitt-
leren Jahren die Flöte, zwischen ihnen singt ein
Knabe. In diesem Bilde finden wir alle Charakteristika
des großen, bahnbrechenden Künstlers vereinigt.
Wie schwer es auch ist, das Oeuvre Caravaggios
chronologisch zu ordnen, so möchte ich wohl unser
Bild in die Nähe der Wiener Rosenkranzmadonna
Roms während der zweiten Hälfte des XVI. Jhs.
deckt. Wenn auch in unserem Bilde Elemente der
venezianischen Cirquccentomalerei kompositionell
deutlich wiederklingen, so fehlt die frohe, in sich
selbst gänzlich aufgehende Stimmung. Der tragische
Gehalt Buonarrotis wirkt hier auch durch die gior-
gioneske Komposition. — Caravaggio, aus der Werk-
statt des Cavalier d’Arpino hervorkommend, scheint
wenig von seinem Meister geerbt zu haben. Meiner
Fig. 37 Giulio Carpioni, Die „casa del Sonno“
stellen. Das Helldunkel ist noch nicht mit der äußer-
sten Konsequenz seiner spätesten Zeit oder, wie es
seine vielen Nachahmer übernahmen, durchgefiihrt,
trotzdem sind die drei Figuren in einer gekünstelten
Beleuchtung, in einem dunklen Raume, in welchen
eine starke Lichtquelle eindringt und die Kontraste
zwischen Licht und Schatten hervorhebt, versetzt. Ein-
zelnePartien treten im weißen Licht haarscharf hervor,
andere verschwinden ganz im neutralen Hintergrund.
Die Kunst Caravaggios trägt jenen ernsten
Charakter, der sich mit den kirchlichen Bestrebungen
Ansicht nach bestimmen zwei andere Faktoren seine
Kunst: der nordische Einschlag in seinen Sujets, die
von seinen Zeitgenossen als „volgari“, d. h. nicht
der üblichen klassizistischen Anpassung entsprechend
bezeichnet wurden; und, abgesehen von seiner per-
sönlichen Eigenart, die malerische Behandlung, die
sich in manchem mit jener des Mailänder Giulio
Cesare Procaccini deckt. — Es darf nicht vergessen
werden, daß zur Zeit Caravaggios in Rom eine
Kunstgattung ins Leben gerufen worden war, die
bis heutzutage als eine Parallelströmung zur monu-
5*
Leo PlanISCig Die Sammlung Fiscliel, Wien
70
Buche über Kunstwerke und Künstler in England init
voliem Lob erwähnt ist (Öl, Leinwand, 92 X 133 cm).
Ein alter Mann spielt die Laute, ein anderer in mitt-
leren Jahren die Flöte, zwischen ihnen singt ein
Knabe. In diesem Bilde finden wir alle Charakteristika
des großen, bahnbrechenden Künstlers vereinigt.
Wie schwer es auch ist, das Oeuvre Caravaggios
chronologisch zu ordnen, so möchte ich wohl unser
Bild in die Nähe der Wiener Rosenkranzmadonna
Roms während der zweiten Hälfte des XVI. Jhs.
deckt. Wenn auch in unserem Bilde Elemente der
venezianischen Cirquccentomalerei kompositionell
deutlich wiederklingen, so fehlt die frohe, in sich
selbst gänzlich aufgehende Stimmung. Der tragische
Gehalt Buonarrotis wirkt hier auch durch die gior-
gioneske Komposition. — Caravaggio, aus der Werk-
statt des Cavalier d’Arpino hervorkommend, scheint
wenig von seinem Meister geerbt zu haben. Meiner
Fig. 37 Giulio Carpioni, Die „casa del Sonno“
stellen. Das Helldunkel ist noch nicht mit der äußer-
sten Konsequenz seiner spätesten Zeit oder, wie es
seine vielen Nachahmer übernahmen, durchgefiihrt,
trotzdem sind die drei Figuren in einer gekünstelten
Beleuchtung, in einem dunklen Raume, in welchen
eine starke Lichtquelle eindringt und die Kontraste
zwischen Licht und Schatten hervorhebt, versetzt. Ein-
zelnePartien treten im weißen Licht haarscharf hervor,
andere verschwinden ganz im neutralen Hintergrund.
Die Kunst Caravaggios trägt jenen ernsten
Charakter, der sich mit den kirchlichen Bestrebungen
Ansicht nach bestimmen zwei andere Faktoren seine
Kunst: der nordische Einschlag in seinen Sujets, die
von seinen Zeitgenossen als „volgari“, d. h. nicht
der üblichen klassizistischen Anpassung entsprechend
bezeichnet wurden; und, abgesehen von seiner per-
sönlichen Eigenart, die malerische Behandlung, die
sich in manchem mit jener des Mailänder Giulio
Cesare Procaccini deckt. — Es darf nicht vergessen
werden, daß zur Zeit Caravaggios in Rom eine
Kunstgattung ins Leben gerufen worden war, die
bis heutzutage als eine Parallelströmung zur monu-
5*