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Lf.o Pi.aniscig Die Sammlung Fischel, Wien
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Fig. 38 Antonio Zanchi, Die Pest in Venedig
mentalen klassizistischen Malerei weiter wirkt. Es
sind jene „storie volgari“, jene Schilderungen von
„pezzenti“, jene „composizioni fantastiche“ und
„bizzarre“, deren mittelalterlicher Ursprung wohl
sicher ist. Von den „bambocciate“ des Van Laer
und des Cerquozzi, zu dcn „capricci“ des Callot,
des Salvator Kosa und des Magnasco bis zu
Tiepolo und Goya und noch hinauf ins XIX. Jh.
geht eine stets im Fortschreiten begriffene Ent-
wicklungslinie. Es ist die konstante Einwirkung
der niederländiscken Malerei auf die italienische,
die sich trotz der Opposition der Klassizisten
jederzeit behauptete. Mag sie Salvator Rosa mit
den giftigsten Worten in seinen Satyren tadeln,
er selbst verfällt unbewußt in sie. — Nun ist es
aber selir merkwürdig, daß Caravaggio mit seinem
extremen Naturalismus gerade zu jener Zeit in
Rom auftrat, als die „storie volgari“ durch Brueg-
hel und Van Laer Verbreitung fanden, als, mit
anderen Worten, das niederländische Genre auch
in Italien Anhang zu finden begann. Die Oppo-
sition, für die Domenichino das klassizistische
Ideal war, mußte heftig einschreiten, um so mehr
Caravaggio auch ganz neue malerische Probleme
brachte, die in der flachen Manieristenwelt als
etwas ungeheuer Brutales empfunden werden
mußten. Noch heute stehen wir fast unschlüssig
vor den malerischen Neuerungen dieses Kiinst-
lers. Wohl fühlen wir die Zusammenhänge mit
den Bestrebungen der Carracci, aber eine deut-
liche Ableitung der Kunst Caravaggios ist noch
nicht erbracht worden. Eines scheint mir aber
der
sicher: manche Eigenschaften
des aus Norditalien stammenden
Künstlers können mit dem Stile
Giulio Cesare Procaccinis in Ein-
klang gebracht werden, haupt-
sächlich die Glattheit der Far-
benauftragung, die satten Farben
mit dem silbrig-grauen Schim-
mer, der schroffe Übergang von
Licht und Scliatten und die
daraus resultierenden Härten.
Auch was Caravaggio den Ve-
nezianern verdankt, deckt sich
mit dem Zuge der Zeit. Neben
Tintoretto greift unser Künstler,
wie auch der Genueser Ber-
nardo Strozzi und später der
Venezianer Pietro della Vecchia,
an Kompositionen der frühen
venezianischen Cinquecento-
malerei zurück.
Giulio Carpioni (1611 —1674) ist ein Maler,
in den meisten Galerien und Sammlungen ver-
Fig. 39 Alessandro Magnasco,
Landschaft
Lf.o Pi.aniscig Die Sammlung Fischel, Wien
72
Fig. 38 Antonio Zanchi, Die Pest in Venedig
mentalen klassizistischen Malerei weiter wirkt. Es
sind jene „storie volgari“, jene Schilderungen von
„pezzenti“, jene „composizioni fantastiche“ und
„bizzarre“, deren mittelalterlicher Ursprung wohl
sicher ist. Von den „bambocciate“ des Van Laer
und des Cerquozzi, zu dcn „capricci“ des Callot,
des Salvator Kosa und des Magnasco bis zu
Tiepolo und Goya und noch hinauf ins XIX. Jh.
geht eine stets im Fortschreiten begriffene Ent-
wicklungslinie. Es ist die konstante Einwirkung
der niederländiscken Malerei auf die italienische,
die sich trotz der Opposition der Klassizisten
jederzeit behauptete. Mag sie Salvator Rosa mit
den giftigsten Worten in seinen Satyren tadeln,
er selbst verfällt unbewußt in sie. — Nun ist es
aber selir merkwürdig, daß Caravaggio mit seinem
extremen Naturalismus gerade zu jener Zeit in
Rom auftrat, als die „storie volgari“ durch Brueg-
hel und Van Laer Verbreitung fanden, als, mit
anderen Worten, das niederländische Genre auch
in Italien Anhang zu finden begann. Die Oppo-
sition, für die Domenichino das klassizistische
Ideal war, mußte heftig einschreiten, um so mehr
Caravaggio auch ganz neue malerische Probleme
brachte, die in der flachen Manieristenwelt als
etwas ungeheuer Brutales empfunden werden
mußten. Noch heute stehen wir fast unschlüssig
vor den malerischen Neuerungen dieses Kiinst-
lers. Wohl fühlen wir die Zusammenhänge mit
den Bestrebungen der Carracci, aber eine deut-
liche Ableitung der Kunst Caravaggios ist noch
nicht erbracht worden. Eines scheint mir aber
der
sicher: manche Eigenschaften
des aus Norditalien stammenden
Künstlers können mit dem Stile
Giulio Cesare Procaccinis in Ein-
klang gebracht werden, haupt-
sächlich die Glattheit der Far-
benauftragung, die satten Farben
mit dem silbrig-grauen Schim-
mer, der schroffe Übergang von
Licht und Scliatten und die
daraus resultierenden Härten.
Auch was Caravaggio den Ve-
nezianern verdankt, deckt sich
mit dem Zuge der Zeit. Neben
Tintoretto greift unser Künstler,
wie auch der Genueser Ber-
nardo Strozzi und später der
Venezianer Pietro della Vecchia,
an Kompositionen der frühen
venezianischen Cinquecento-
malerei zurück.
Giulio Carpioni (1611 —1674) ist ein Maler,
in den meisten Galerien und Sammlungen ver-
Fig. 39 Alessandro Magnasco,
Landschaft