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AN'i'ON MA'l'EjCEK Das MosaiMiild des Jiingsten Gerichtes am Prager Dome

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von solchem Umfang und Ausführung* im raschen Tempo einheimischer Helfer bedurften.
Daß sie in Prag* fähige Mitarbeiter hnden konnten, ist mehr denn wahrscheinlich. Die
böhmische Malerschule, die vor der ersten Hälfte des XIV. Jhs. als die erste in ganz
Mitteleuropa die Errungenschaften der neuen italienischen Kunst übernimmt, steht in den
Siebzigerjahren auf ihrem Gipfelpunkt. Fast alle großen Werke der karolinischen Epoche
entstanden vor dieser Zeit, so z. B. die Karlsteiner Werke des Theodorich von Prag, die
Fresken in dem Emauser Kloster, um zwei hervorragendste Werke der Zeit zu nennen,
welche älter als das siebente Jahrzehnt des XIV. Jhs. sind. Mit den neuen malerischen
Problemen des Trecento ist in diesen Jahren die gesamte Malerschule vertraut, wie dies
die anonymen Tafelbilder aus der zweiten Hälfte des XIV. Jhs. bezeugen. Es ist natürlich,
daß die im Jahre 1370 in Prag tätigen italienischen Mosaikkünstler eine im Ausdruck ent-
wickeltere und dem naturaiistischen Ziele näherstehende Kunst brachten, wie dies das
Mittelfeld des Mosaiks belegt, wogegen ihre Prager Gehilfen künstlerisch weit weniger be-
fähigt und in der Entwicklung bedeutend zurückgeblieben waren. Es drängt sich weiter
die Mutmaßung aufj daß deren Mitarbeit in den Seitenfeldern von einem solchen Umfange
war, daß sie dem Werke eine abweichende Eigenart aufdrückte und daß die Tätigkeit der
itaiienischen Künstler sich auf bloße Leitung und Uberwachung der Arbeit beschränkte.
Daß die Komposition dieser Felder aus der italienischen Vorlage ableitbar ist, bietet keinen
Grund, welcher diese Hypothese wiederlegen könnte. Fast alie Kompositionsschemen in
den Ländern nördlich der Alpen lassen sich aus italienischen Vorlagen ableiten. Daß die
musivische Tätigkeit in Böhmen keine Fortsetzung fand, kann man durch die Abhäng'ig-
keit der heimischen Mitarbeiter von ihren Leitern erklären. Ein vereinzeltes Werk konnte
keinen Grund zur dauernden Tradition legen und die musivische Technik konnte, da sie
nicht in der künstlerischen Kultur des Landes wurzelte, nicht zu einem Bedürfnis werden.
Denn mit dem Abgang der italienischen Künstler entschwand jede Möglichkeit, diese Tra-
dition fortzuphanzen; sie nahmen das Geheimnis der Anfertigung der farbigen Glaspasten,
die technische Erfahrung und Gewandtheit mit sich fort, Bedingungen, ohne die man die
Mosaikkunst nicht fortsetzen konnte^").

Schluß

Der kunsthistorische Wert des Prager Mosaiks wird durch seine Stellung in der Ent-
wicklung gegeben. Es ist zeitlich eines der letzten Werke der Mosaikkunst des-Mittelaiters,
und wenn es auch nicht die künstierische Höhe der venezianischen Mosaiken des XV. Jhs. er-
reicht, so steht es doch auf dem Niveau der Zeit, indem es alle Errungenschaften des Mosaik-
stiles des Trecento zusammenfaßt und darüber noch hinaus von Ergebnissen der lokalen

Bedenketi wir, daB die einzige uns bekannte Urkunde
des XIV. Jhs., welche idier die Mosaikfabrikation berichtet,
Venedig als die Stadt des Mosaikglasexportes bezeichnet,
so können wir annehmen, daß das Glasmosaik des Prager
Bildes, dessen Farbenskalen mit denen der venezianischen
Mosaiken vollkommen übereinstimmen, ebenialls aus Venedig
bezogen wurde. Luzi in seiner Arbeit il duomo di Orvieto
descritto ed iliustrato (Fiorenz 1866, S. 368), sodann Fumi
(11 Duomo di Orvieto e i suoi Restauri, Rom 1891, S. 103,
122) haben einen Vertrag publiziert, wonach sich ein ge-
wisser Donnino von Florenz der Bauleitung verpdichtet, in
Venedig das fiir die Ausschmiickung der Fassade des Domes

in Orvieto notwendige Material zu suchen. In diesem Ver-
trage sind diejenigen Glaspasten aufgezählt, die Donnino in
Venedig bestellen sollte. Interessant ist, daß zu jeder
Farbenqualität eine entsprechende Quantität von ^gradi^
bestellt wurde, in der Zahl von 3 — 3. E. Miintz (a. a. O.
S. 44), der den Sinn der Urkunde mißverstanden hat, be-
zitferte die Anzahl der Nuancen jeder Farbenqualität auf
10—20. Die in der Urkunde aufgezählten Glaspasten mit
ihren Abstufungen stimmen tatsächlich im ganzen und
großen mit den in Mosaiken des Baptisteriums in S. Marco
in Venedig verwendeten Glaspasten und ihren „gradi"
überein.
 
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