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BE'i'TY KunTH Fragmente aus einem gotischen Schriftmusterbuch in der Universitätsbibi. zu Würzburg 181

Text zu verdeutlichen, zu popularisieren. Das Überwiegen der einen oder der anderen Be-
stimmung, deren historische Abfolge sich wiederholt in der Geschichte der Buchkunst ver-
folgen läßt, bedeutet auch für den jeweiligen Stil der Buchillustration einen wichtigen Ent-
wickiungsfaktor. Der Von uns hier an wenigen handwerksmäßigen Arbeiten besprochene
gotische Dekorationsstil verdankt rein kalligraphischen Tendenzen seine Entstehung. Und
aus rein kalligraphischen Anfängen hat sich auch die gotische Eigureninitiale, die gdeich-

Fig. 1^2 Figureninitialen e, f, g. Skizzenbuch. Bergamo, Biblioteca civica

zeitig' mit der Fleuronee-Ornamentik auf den Pian tritt, zu der vollkommenen Erscheinung
entwickelt, in der sie uns bereits am Ende des XIV. Jhs. in den Kopien des Skizzenbuches
zu Bergamo, dem frühesten erhaltenen Figurenaiphabet, überliefert wird. In meiner einge-
henden Besprechung dieses Alphabets habe ich den Nachweis zu führen gesucht, daß das
Urbild, angeregt durch französische Vorbilder, in Deutschland entstanden ist^^). Diese Hy-
pothese gewinnt durch unser Schriftmusterbuch ein neues Argument.

Eine der beiden hier dargestellten Figureninitialen, die Minuskel g (Fig. 137), zeigt die
nämliche Komposition wie das g in Bergamo (Fig. 142). Die iinke Hasta wird auch hier durch
eine sitzende Frau gebildet, hinter der ein vom Rücken gesehener stehender Mann mit er-
hobenen Armen erscheint. Die Überleitung zur rechten Hasta vermittelt ein phantastischer
Raubvogel, der ihn beißt und dessen linker Fiügel an der rechten Seite weit hinabreicht.

Op. cit-, Mitteiiungen der Geselischaft f. vervielf. Kunst, Beiiage der Graphischen Kiinste 1912, Nr. 3.
 
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