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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Abhandlungen
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Drach, Karl Alhard von: Jost Burgi, Kammeruhrmacher Kaisers Rudolf II.
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0020
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C. Alhard von Drach.

gegangen sind. Trotz ihrer Dürftigkeit können daher die authentischen Nachrichten, welche wir nach-
stehend über Burgi's Arbeiten und Privatverhältnisse mittheilen werden, einiges Interesse bean-
spruchen. Da es den Anschein hat, als ob über des Meisters Thätigkeit im hessischen Dienste, wo er,
angeregt durch den um die Sternkunde so hochverdienten Landgrafen Wilhelm IV.,1 sein Talent
entwickelt und in männlicher Vollkraft entfaltet hat, kaum noch etwas Erhebliches an urkundlichem
Material zum Vorscheine kommen würde, glaubten wir, mit unserer Veröffentlichung nicht länger
zurückhalten und es Anderen überlassen zu sollen, den Arbeiten des Meisters am kaiserlichen Hofe
nachzugehen.

Unsere Mittheilungen beruhen nämlich der Hauptsache nach auf im königl. preuss. Staats-
archiv zu Marburg in Hessen vorhandenen Actenstücken; sie behandeln jedoch zum grossenTheile
Gegenstände und Verhältnisse aus der Zeit, als Burgi bereits mit Rudolf IL, römischem Kaiser und
König von Böhmen, in Beziehung gekommen war. Hiedurch wird deren Erscheinen an dieser Stelle
gerechtfertigt; auch sind wir dadurch in der Lage, dem k. u. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv zu
Wien entstammende Nachrichten, welche in diesem Jahrbuche abgedruckt vorliegen, heranziehen zu
können. Die Abschriften von im selben Archiv vorhandenen kaiserlichen Privilegien, welche Burgi
für den nie zu Stande gekommenen Druck eines Berichtes über sein Triangularinstrument sowie für
die Herausgabe seines Logarithmenwerkes erhalten hat, gelangten durch Vermittlung des Herrn Archiv-
rathes Dr. Koennecke zu Marburg in unsere Hände. Zu besonderem Danke hat uns Herr Dr. Heinr.
Zimerman verpflichtet, welcher die Güte hatte, den Abdruck der Wiener Archivalien richtig-
zustellen.

Das älteste über Burgi zu unserer Kenntniss gekommene Actenstück belehrt uns über die Zeit
seines Eintrittes in den hessischen Dienst. Es besteht aus zwei zusammengehefteten Papierbogen mit
der Aufschrift: »Revers Joist Burgi von Lichtennsteig, auermacher« und enthält auch den Wortlaut
der landgräflichen Bestallung2 vom 25. Juli 1579. Dieser Revers lautet:3

Ich Joist Burgk von Liechtennsteig aus Schweicz thue kunth hirann öffentlich bekennende, das mich der
durchleuchtig hochgeborne fürst und her, her Wilhelm landgrave zu Heßenn, grave zu Catzenelnnpogenn etc.,
zue seiner fürstlich gnaden auermacher und diehner bestelt, uff-, und angenommen hatt lauth seiner fürstlich
gnaden mir deswegen zugestehen bestallungsbrief, der von worten zue Worten lautend, wie hernach volgt:

Wir Wilhelm von gotts gnaden landgrave zu Heßenn, grave zue Caczenelnpogen etc., thun kunth und
bekennen hirann, das wir unsern lieben getreuen Joist Burgk von Liechtensteig aus Schweicz zu unserm auer-
macher und diehner auf- und angenommen haben, und thun daßelbig hirmitt und in craft dis brifs, derogestalt
und also, das ehr unser auermacher und diener unser auerwerk klein und groß allesampt in gang erhalten,
anrichten und keinswegs in abgang kommen laßen und, was daran zerbricht oder zu beßern ist, uff seinen
coisten jederzeith wider machen, das darann durchaus kein mangel seie, und sonsten in Sachen, darzue wir
ihnen seiner kunst nach zu geprauchen wißen, sich jederzeith wilfärig, unverdroßen und vleißig befinden laßen,
unser treu, holt, gehorsam und gewertig sein und alles dasjenig thun, so ein treuer auermacher und diener
seinem hern schuldig und pflichtig ist, inmaßen er uns solchs gelobt und geschworen und deßen seinen revers-
brief ubergeben hatt. Darentgegen und von solchs seins diensts wegen sollen und wollen wir ihme jedes jars,
so lang diße unsere bestallung wehret, handreichen und geben laßen dreißig gülden gelts durch unsern cammer-
schreiber, eine gewönnliche hoifkleidung und die coisH zue hoif bei andern unseren Werkmeistern, darzu freie

1 Die erste zusammenhängende Darstellung und wissenschaftliche Würdigung dessen, was Landgraf Wilhelm für
die Sternkunde gethan hat, gab von Zach in seiner »Monatlichen Correspondenz zur Beförderung der Erd- und Himmels-
kunde«, Bd. 12, S. 267fr. Ausserdem verweisen wir auf Rudolf Wolfs »Geschichte der Astronomie«, München 1877,
worin sich der Verfasser S. 266—269 und auch S. 272—276 speciell über Wilhelms Leistungen ausspricht. Wilhelm IV.
war am 24. Juni 1532 geboren und seit dem 12. Februar 1566 mit Sabine, einer Tochter des Herzogs Christoph von
Würtemberg, vermählt. Er ist der Stammvater der Linie Hessen-Cassel.

2 Dieselbe liegt ausserdem auch in der Originalausfertigung vor.

3 Beim Abdruck dieses und aller folgenden Texte wurden nach dem Beispiele der Deutschen Reichstagsacten alle
jene Vereinfachungen der Orthographie und Interpunction vorgenommen, welche in den anderen Urkundenpublicationen dieses
Jahrbuches durchgeführt werden. (A. d. R.)

4 Damaliger Sitte gemäss wurden die sämmtlichen landgräflichen hohen und niederen Beamten und Diener (zum Theil
mit ihren Familien) im Schlosse gespeist und ihrem Range gemäss verschieden bewirthet. Erst im Anfange des 17. Jahr-
hunderts reducirte Landgraf Moriz aus Sparsamkeitsrücksichten nach und nach diese 400—500 Menschen umfassende
Speisung dahin, dass nur die zum eigentlichen Hofstaat gehörenden Personen daran theilnahmen.
 
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