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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Abhandlungen
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Drach, Karl Alhard von: Jost Burgi, Kammeruhrmacher Kaisers Rudolf II.
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0026
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22

C. Alhard von Drach.

Sternbilder eine grosse Aehnlichkeit mit dem vorher besprochenen, notorisch von Burgi unvollendet
gelassenen grossen Globus besteht.1 Wir halten diese Globusuhr für eine der ersten Arbeiten Burgi's
im Dienste des Landgrafen, da die Vorrichtung, ein in sich verschiebbares Gestänge, wodurch der Ka-
lenderring auf dem Horizont weiter bewegt wird, noch dieselbe ist wie an einem 1575 von Baldewein
gebauten Globus. Nachrichten über die Anfertigung haben sich nicht gefunden; das Uhrwerk hat
Stundenschlag und wird am Südpol aufgezogen, entsprechend den von Wilhelm IV. in dem Briefe
an den Pfalzgrafen gemachten Angaben. Noch besser stimmt mit denselben die andere zu Cassel be-
findliche Globusuhr überein,2 von der wir an einem anderen Orte nachweisen werden, dass sie erst
nach Wilhelms Tode entstanden sein kann; bei ihr werden Geh-, Stunden- und Viertelschlagwerk
am Südpol mit einem Wellbaum aufgezogen; den Kalenderring treibt ein im Meridian gelagerter Ring
mit doppelter Verzahnung, von dem man aussen gar nichts sieht, und macht in Folge dieser Einrichtung
das Stellen des Globus auf beliebige Polhöhen keine Schwierigkeit. Die Casseler Globen unterscheiden
sich — und diese der Sache zum Vortheile gereichende Neuerung dürfte auch auf Burgi zurückzuführen
sein — dadurch von dem Balde wein'schen, dass bei ihnen das Uhrwerk fest mit dem Stativ verbunden
ist, also in seiner Stellung unverändert bleibt, wenn sich der Globus dreht, während es bei jenem mit
der Globuswand zusammenhängt und daher auch an der Rotation derselben theilnehmen muss.

Auch das nächste Stück von Burgi's Hand, worüber archivalische Nachrichten vorliegen, ist im
Museum zu Cassel noch vorhanden; es hat daselbst von jeher als Werk von ihm gegolten und findet
sich in einem »Verzeichniss derer im hochfürstlichen kunsthaus befindlichen uhren, errichtet von
Carl Prizier im jähre 1765«3 unter Nr. 54 folgendermassen aufgeführt: »eine viereckigte schlag- und
stutzeuhr in einem verguldeten gehaus, oben mit einem astrolabio, zeigt auf den vier sehen stunden, viertel und
minuten, den monatslauf, ab- und zunähme der tage, hat auch einen wecker und kalender; soll von Jobst Byrgius
verfertigt worden sein.« Dass Burgi wirklich der Verfertiger gewesen ist, können wir erweisen. Es
findet sich nämlich in einem Hefte mit der Aufschrift: »Casten nota B anno 1591. Currente ausgäbe«
folgende Eintragung: »i53/4 daler an 14 halben gülden bezalt oder gelifert Joisten, dem uhrmacher, zu Ver-
goldung des viereckten stotzens am ig. martü 1591«, während in einem aus demselben Jahre vorhandenen
»goldschmidts zittel, so an der stutzuhrn hat gearbeitt«, auf den näher einzugehen ohne Abbildung der Uhr
zwecklos sein würde, die Details der äusseren Ausstattung so eingehend beschrieben sind, dass die
Identität ausser allen Zweifel gestellt wird.4 Der Goldschmied hiess Hans Jakob Emk, der einzige
Name eines an Burgi's Arbeiten mitbetheiligten Künstlers, den wir gefunden haben.

Dass uns Burgi im selben Jahre 1591 nochmals, als Mittelsperson bei der Bezahlung eines von
einem Collegen verfertigten Instrumentes durch den Landgrafen, begegnet, erwähnen wir hauptsächlich
deshalb, um im Anschlüsse daran von einer ähnlichen Arbeit unseres Meisters selbst reden zu können,
welche in den Sammlungen des Casseler Museums noch vorhanden ist, dem Caliberstab des Land-
grafen Wilhelm.

Ueber ersteren Vorgang gibt zunächst die Quittung des fremden Uhrmachers Kunde; sie steht auf
einem halben Bogen Papier und hat nachstehenden Wortlaut:

Bekenne ich Jost Heer, Nassawischer uhrmacher,5 das ich habe empfangen von meinem gnedigen fursten
und hern Wilhelm, landgrafen zu Hessen etc., sechsig raichsthaler vor ein maßwerk, so man bei sich am gurtel
dregt, den letzten tag julii dieses 1591. jahrs. Jost Heer.

1 Vergl. Coester und Gerland, »Beschreibung der Sammlung astronomischer, geodätischer und physikalischer
Apparate im königlichen Museum zu Cassel«, S. 8, sub 4. — Unter den Uhren des Museums hat das Stück die Nummer 94.

2 Nr. 93 im Casseler Uhreninventar.

3 Befindet sich als Manuscript bei den Museumsacten.

4 Hier wollen wir nur hervorheben, dass die Unruhe dieser Uhr, der oben besprochenen Burgi'schen neuen Einrichtung
entsprechend, 60 Doppelschläge in der Minute macht.

5 Aus dem vorher erwähnten Heft über die Ausgabe aus dem »Casten nota B« ersehen wir, dass noch öfter bei
diesem Manne gekauft worden ist; denn es findet sich darin die Eintragung:

60 taler dem Nassawischen uhrmacher Jost Heern vor ein wagenuhr den 25. September anno 1591.
Brotneid scheint demnach Burgi nicht gekannt zu haben; vielleicht war Heer überdies ein früherer Gehilfe und
Schüler Burgi's.
 
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