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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Abhandlungen
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Drach, Karl Alhard von: Jost Burgi, Kammeruhrmacher Kaisers Rudolf II.
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0025
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Jost Burgi, Kamraeruhrmacher Kaisers Rudolf II.

2 I

Wir vermuthen, dass dieser Globus, an dem so lange und doch nur alljährlich wenig gearbeitet
wurde, ein inneres Uhrwerk nicht gehabt hat, dass es vielmehr ein Stück grösseren Formates gewesen
ist, auf welches der Landgraf die Sterne gemäss den von ihm und seinen Astronomen in der Zeit von
1560—1586 gemachten Beobachtungen und Berechnungen, wie sie im sogenannten Hessischen
Sternverzeichniss1 vorliegen, mit möglichster Sorgfalt und Genauigkeit auftragen liess. Es könnte
daher die grosse im Casseler Museum befindliche kupferne Himmelskugel sein, welche der später
daran angebrachten Inschrift zufolge nach Wilhelms Tode von Burgi unvollendet gelassen wurde.2

Musste es bei den besprochenen drei Himmelsgloben unentschieden bleiben, ob und wann sie
vollendet wurden, so ist dies bezüglich eines vierten nicht der Fall, indem dessen Fertigstellung im
Jahre 1590 durch zwei gleichzeitige Notizen bezeugt wird. In einem Heftchen mit der Aufschrift:
»Ausgabegelt anno 1590«, worin die vom Landgrafen für Anschaffungen u. dgl. geleisteten Zahlungen
durch seinen Kammerschreiber Otto Gleim gebucht sind,3 heisst es zunächst:

33772 daler ahn 3oo Spanischen dalern Jost Burgi, dem klein uhrmacher, vor den globum, so wir herzog
Friderich Wilhelmen zue Sachssenn geschenkt haben, und hau hiebevor den 6. julii aus dem Allentagscasten auch
50 daler empfangen; also restet ihme noch ahn 400 dalern i21/2 daler zu bezalen. Actum am 12. augusti anno
etc. 1590.

Daneben findet sich auch die als Beleg zugehörige, von Burgi eigenhändig unterschriebene

Quittung. Sie hat folgenden Wortlaut:

Heut dato undenbenent seind mir Jost Burgi, aurmachern, wegen meins gnedigen fursten und herrn zu
bezahlung des globi, so mein gnediger fürst und herr herzog Friederich Wilhelmen von Sachsen geschenkt, aus
dem casten nota B geliefert worden 400 fl. zu 27 albus ann 3oo Spanischen dalern, thun 3371/2 reichsdaler, die
ich also empfangen urkund meiner subscription. Signatum Caßell am 12. augusti anno etc. 1590.

Jost Burgi, uhrmacher.

Noch zu existiren scheint dieser Globus aber nicht; bestünde nicht die Tradition, dass ein
kleiner im herzoglichen Museum zu Gotha befindlicher derartiger Globus* 1656 aus München
durch den Herzog Ernst den Frommen dahin gelangt sei, und wäre derselbe nicht mit der Inschrift:
»JVSTVS BYRGI FECIT CASSELIS 1594« versehen, so würde man ihn für den dem Herzog
Friedrich Wilhelm I. von Sachsen-Altenburg geschenkten anzusprechen geneigt sein, da eine
Enkelin dieses Fürsten, Elisabeth Sophie, mit Ernst dem Frommen von Sachsen-Gotha ver-
mählt war und das Stück also durch sie dahin vererbt sein könnte. 5

Im Anschlüsse an diesen eben erwähnten, inschriftlich als Arbeit Burgi's bezeugten Globus zu
Gotha sollen zunächst über zwei andere uns bekannt gewordene Himmelskugeln des Meisters, welche
durch im Innern befindliche Uhrwerke in 24 Stunden umgetrieben werden, einige Mittheilungen ge-
macht werden. Dieselben befinden sich im königlichen Museum zu Cassel, und zwar galt bisher
nur die eine von ihnen als Werk Burgi's, weil bei ihr bezüglich der Montirung und der eingestochenen

1 Man vergleiche hierüber den Abschnitt 122 in Rudolf Wolfs »Geschichte der Astronomie«, S. 38l ff. — Das Ver-
zeichnis selbst wurde herausgegeben unter dem Titel: »Coeli et siderum in eo errantium observationes Hassiacae, prin-
eipis Wilhelmi Hassiae lantgravii auspieiis institutae« Lugduni Batavorum 1618.

2 Ihrem ganzen Wortlaut nach ist dieselbe abgedruckt auf S. 17 einer 1756 zu Cassel erschienenen Schrift von
J. G. Stegmann, welche den Titel führt: »Historische Abhandlung von den grossen Verdiensten des hochseel. Herrn Land-
grafen Wilhelm IV. um die mathematischen Wissenschaften etc.«

3 Wilhelm IV. war ein sehr gewissenhafter Haushalter, der über seine Einnahmen und Ausgaben nach den einzelnen
Kästen, worin die Geldvorräthe lagen, geordnet, sorgfältig Buch führen liess. Für die kleineren Ausgaben aus dem
sogenannten »Allentagscasten« besorgte er die Notirungen meist selbst. Leider sind von diesen Registern nur wenige erhalten;
andernfalls wären wir durch dieselben über die Herstellung der Burgi'schen Kunstwerke, was Zeit der Anfertigung und
Arbeitslohn betrifft, aufs Genaueste unterrichtet.

4 In Bube, »Das herzogliche Kunstcabinet zu Gotha«, 2. Aufl., Gotha 1855, finden sich S. 74 nähere Angaben über
denselben.

5 Friedrich Wilhelm I. von Sachsen-Altenburg war geboren am 25. April 1562; er gelangte 1573 zur Re-
gierung; von 1591 bis 1601 war er Administrator von Kursachsen; er war durch seine Gemahlin, Sophie von Würtem-
berg, der Schwager Wilhelm IV. Sein Tod erfolgte am 7. Juli 1602. Die erwähnte Enkelin war die Tochter seines
Sohnes und Nachfolgers Johann Philipp (geboren 25. Januar 1597, gestorben I.April 1639) und wurde am 24. October
1636 mit Ernst von Sachsen-Gotha vermählt.
 
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