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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Abhandlungen
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Schneider, Robert von: Die Erzstatue vom Helenenberge
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0121
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io6

Robert von Schneider.

kein Koloss von 9 Fuss mehr sondern ihre Höhe wird, was der Wirklichkeit fast entspricht, nur
auf 6Y4 Fuss bestimmt;1 auch von dem »Hute« ist nicht mehr die Rede sondern von einem Schilde
(parma) oder einem Diademe. Dieses fragliche Geräth ist neben der Figur und getrennt von ihr abge-
bildet, weil man es ihr nicht anzufügen wusste. Dagegen Hess man sie mit ihrer gesenkten linken Hand
ein drittes mitgefundenes Stück halten, eine gewaltige Streitaxt. Der derbe Holzschnitt bei Apian
gleicht wenig seinem Urbilde. Kaum dass die Stellung der Arme und Beine daran erinnert. Gleich-
wohl blieb er durch dritthalb Jahrhunderte die einzige Abbildung, die man von der Erzfigur hatte.
Gruter,2 Megiser, Lambeck begnügten sich, sie nachstechen oder nachschneiden zu lassen. Sie oder eine
ihr ähnliche und gewiss um nichts bessere scheint sogar Dürer, der die Statue selbst nicht gesehen hat,
zur Nachahmung gereizt zu haben. Durch alle Verzerrtheit hindurch mochten ihm diese dürftigen Um-
risse noch das schöne Linienspiel des Originales verrathen, wie auch zwei seiner besten Compositionen
im Ambraser »Kunstbuche« auf Hartman Schedels kümmerliche Skizzen zurückgehen.3 Unsere Statue
hat ein näheres Anrecht als irgend ein anderes antikes Bildwerk auf den nicht zweifellosen Ruhm, dem
grossen Nürnberger Künstler das Motiv für den erhobenen Arm seines Adam eingeflösst zu haben.■» Ge-
zwungen und fremdartig bleibt diese Haltung wie in dem Kupferstiche von 1504, in dem auch sonst nicht
die Spuren des berechnenden Verstandes verwischt sind, so kaum weniger in dem Gemälde von 1507.5
Was Hieronymus Megiser, der bekannte protestantische Schulmann und Polyhistor, 1592 bis
1598 Rector des ständischen evangelischen Gymnasiums in Klagenfurt, in seinen »Annales Carinthiae«
über unsere Bronze berichtet," fliesst nur scheinbar aus einer dritten, mit dem Funde gleichzeitigen
Quelle. Er will seine Nachricht den »Verzeichnissen einer ehrsamen Landschaft« entnommen haben;
doch stimmt sie bis auf das Eine mit Apian überein, dass ihr zufolge das »kupferne Bild« bei Maria
Saal am Zolfelde gefunden sein soll, eine Ungenauigkeit oder Flüchtigkeit des vielschreibenden Mannes,
der sich mit dem angebornen Misgeschicke des Compilators gerade an die unrichtige erste Angabe
des Apian hält, die an der zweiten Stelle gemachten Correcturen aber übersieht und ihr nur das Lob
des Salzburger Erzbischofs entlehnt. 7

' Hier scheint die hölzerne Scheibe, auf der die Figur stand, hinzugenommen zu sein; denn sie selbst ist nur 5 Schub
9V2 Zoll hoch.

2 Inscriptiones antiquae totius Orbis Romani etc. (erste Ausgabe 1593), S. 989, n. 3.

3 Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses, Bd. V, Urkunden 4025 •', 4025 h; 0.
Jahn, Aus der Alterthumswissenschaft, Taf. 7 und 8, S. 349 —352.

4 Theodor von Frimmel, der diese Ansicht zuerst mündlich ausgesprochen hat, behält sich ihre kritische Unter-
suchung vor.

5 Von Dürer rührt das Titelbild der »Inscriptiones« des Apian her und, wie in der Vorrede derselben zu lesen ist,
hatte auch Wilibald Pirkheimer seinen Antheil an dem Werke.

b Annales Carinthiae (Leipzig 1612), S. 138 f.: »Solines erzehlet Plinius auch im Land Norico, heist Ptolemaeus Sala,
setzt in obern Pannonien eine alte Reichstadt, ist zerbrochen, heist vnser fraw in dem Sali in Khärndten. Ist daselbst im
Jahr nach Christi Geburt tausent fünffhundert vnd zwey von eim Bawern als er zu Acker gefahren funden worden ein gantz
Kupffernes grosses Manns Bild neun Schuch lang gantz nackend mit einem runden Kupffernen Hut, wie ein Schüssel, so
vergült gewesen. Es ist aber dieses Bild gen Saltzburg geführt worden aus Befehl vnd geschefft des Hochwürdigsten Car-
dinais Matthaei Langen Ertzbischoffen zu Saltzburg, wie er denn jederzeit ein trefflicher Iiebhaber der alten warhafften Hi-
storien vnd Antiquitetcn vnd ein grosser Patron aller Gelehrten Leut gewesen. Darumb dann seiner billich allhie ehrlich
zu gedencken ist. Des Bildes figur hab ich aus den verzeichnüssen einer Ehrsamen Landschaft hieher setzen wollen, die
eigentlich also ist abgerissen worden.« Darunter die »Figur und Contrafactur des gefundenen Kupffern Bildes am Zollfelde.«

7 Mcgisers irrige Fundangabe wiederholen Johann Weichhart Freiherr von Valvasor, Topographia Archiducatus Ca-
finthiae (Nürnberg 1688), S. 128 und Johann Dominik Prunner, Splendor Antiquae Urbis Salae, das ist eine gantz neu
producirte ausführliche Beschreibung von den Ursprung und Situation der Statt Sala etc. etc. (Klagenfurt 1691), S. 8gf.; der
Letztere fügt aus Eigenem hinzu: »in einen Saltzburgischen Grund alda«. Der verworrene und betrügerische Lazius läss1
die Inschrift auf dem Schilde aus Altenhofen am Gurkflusse stammen, Commentariorum libri XII, S. 1234 der Basler (155
S. 1040 der Frankfurter Ausgabe (1598). In Salzburg dagegen blieb man im 17. Jahrhundert dabei, den Helenenberg als
Fundort der Statue zu nennen; vgl. Franc. Dückher von Hasslaw zu Winckl, Saltzburgische Chronica (Salzburg 1666), S.
Erst als Lambecius (vgl. später S. 109) mit seiner Autorität Megisers Angabe deckte, entschied man sich für sie in der InschriK
auf dem Sockel der Statue im erzbischöflichen Palaste zu Salzburg (vgl. später S. 110, Anm. 3), was wieder die späteren SaM|
burger Autoren veranlasste, ihr zu folgen. Völlig müssig ist es aber, auf Grund solcher Zeugnisse, von denen eines sichtHcn
vom anderen abhängig ist, die Statue »gewissermassen für Virunum, die Stadt der Ebene retten« zu wollen, wie es Fr. PichlC'
»Virunum« (Graz 1888), S. 134 ff. versucht hat. — Nicht besser steht es mit der genaueren Fixirung der Fundstelle auf den1
 
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