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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Abhandlungen
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Schneider, Robert von: Die Erzstatue vom Helenenberge
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0137
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I 20

Robert von Schneider.

massig misgeschaffenen, kurzköpfigen und geschlossenen P und die beiden ebenfalls gleichmässig kurz-
köpfigen und in die ganz und gar modern gekrümmte Schwänzung auslaufenden R von antiker Hand
herrühren. Ich kann für das Erstere auf Hübner verweisen (Exempla p. LXIV): ,Exempla P clausae
ubique rarissima sunt nec facile omnino saeculo secundo antiquiora.' Für das geschwänzte R bringt
Hübner zu p. LXV einige Beispiele bei (Nimes, nicht Toulouse, n. 186; englischer Wall, n. 417, 418);
aber die beiden letzten reichen an diese Misform nicht entfernt hinan und das erste, die augustische
Inschrift der Stadtmauern von Nimes, deren R allerdings dem unsrigen recht ähnlich sieht, thut die
Unmöglichkeit desselben erst recht dar. Hübner selbst (p. 60) schreibt diese Inschrift (abgesehen von
einer irrigen Bemerkung über die ausgeschriebenen Zahlen, welche in der meinigen zu C. I. L. XII, 3148,
3149 berichtigt ist) wegen der schlechten Formen der Buchstaben M und P entweder einer fremden
Hand oder einer Restitution des zweiten oder dritten Jahrhunderts zu; zutreffender urtheilt Hirschfeld
(C. XII, p. 835 zu XII> 3l48> 3l49): >Mihi et Maurino titulos recognoscentibus litterarum formae scalp-
turaeque ratio non modo a saeculo primo, sed prorsus ab arte antiqua abhorrere visae sunt.' — «
Soweit Mommsen.

Die Stelle, an der man die Inschrift anbrachte, so ungewöhnlich und unschicklich wir sie finden
mögen, schien keines von beiden den Alten. Die Aufschrift in das Weihgeschenk selbst einzugraben
und auf solche Art beides untrennbar mit einander zu verbinden, war bei den Griechen kein seltener
Gebrauch. So trug das vom Argiver Dionysios gearbeitete Pferd im Weihgeschenke des Maenaliers
Phormis die Dedication an seiner Seite (sm ty] TrXeupä). > Auch auf das Pferd der Söhne des Pheidolas
ward das Epigramm unmittelbar gesetzt.2 Onatas versah den Schild seines Idomeneus mit seiner
metrischen Künstlersignatur.3 Hagela'idas wies beim Weihgeschenke des Kleosthenes dem Distichon
auf dem Wagen den Platz an.4 Eine Figur mit Halteren im Weihgeschenke der thrakischen Men-
däer hatte ihre begleitenden Verse im Schenkel (iiA xou |xr(poü) eingeritzt.5 Auch an einigen kleinen
Votivgaben aus Bronze, die uns erhalten sind, sehen wir dieselbe Sitte befolgt: so an dem Hasen aus
Samos im britischen Museum,6 an dem Laubfrosche aus Korinth im Berliner Antiquarium,7 an einem
männlichen Figürchen im Typus eines Lanzenschwingers aus Chalkis in Athen,8 an einer Statuette
des Apollon aus Bologna in der Nationalbibliothek zu Paris. 9 An diesen beiden Figürchen laufen die
Inschriften den Beinen entlang. Die Figur auf einem attischen Teller strengen Stiles aus Vulci im
Museum zu Berlin 10 kann dieselbe Gewohnheit bezeugen: der sich salbende Palästrit, der hier abgebil-
det ist, trägt die Inschrift: Aot/;^ -/.alcq auf seinem rechten Oberschenkel, obgleich reichlich Raum für
sie am Rande ausserhalb der Figur vorhanden gewesen wäre. Alle angeführten Beispiele gehen nicht
in die zweite Hälfte des fünften Jahrhunderts herab und später scheint man auch von dieser Uebung
abgekommen zu sein. Dagegen erhielt sie sich bei den italischen Völkern um Vieles länger. Ueberaus
zahlreich sind die auf Bronzefiguren angebrachten etruskischen Inschriften. Wir sehen solche auf der
mittelsten Panzerklappe des Mars aus Todi im Vatikan," auf einem Laufe der berühmten Chimaira
aus Arezzo im Museo Etrusco zu Florenz,12 an dem Gewandsaum der Statue des Aules Metelis aus

1 Pausanias V, 27, 2.

2 Pausanias VI, l3, 10: xat 0 11 froro; im ati^r] 7ts7iou][jLEvo; xat imypajifji« iauv irc1 autäi.
J Pausanias V, 25, 10.

4 Pausanias VI, 10, 7.

5 Pausanias V, 27, 12.

'"> Inscriptiones Graecae antiquissimae ed. Roehl, Nr. 385; vgl. A. Kirchhoff, Geschichte des griechischen Alphabet
(4. Auflage), S. 3o.

7 Jahrbuch des kaiserl. deutschen archäologischen Institutes, Bd. I, S. 48.

8 Mittheilungen des kais. deutschen archäologischen Institutes zu Athen, Bd. I, Taf. 7.

9 Annali dell'Instituto, Bd. VI (1834), Taf. E (= Letronne, Oeuvres choisies, 3. Serie, Bd. I, S. 325).

>° Furtwängler, Beschreibung der Vasensammlung, Nr. 2314; abgebildet Gerhard, Trinkschalen und Gefässe, Taf. XU
(danach Mittheilungen des kais. deutschen archäologischen Institutes, römische Abiheilung, Bd. VII, S. 89).

" O. Rayet, Monuments de l'art antique, Bd. II, Taf. 68; E. Reiseh in Helbig's Führer durch die öffentlichen Samm-
lungen klassischer Alterthümer in Rom, Bd. II, S. 340, Nr. 3i3.

12 Fabretti, Corpus inscriptionum italicarum, Nr. 468; abgebildet Martha, L'arl ettusque (Paris 1889), S. 3lO.
 
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