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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0173
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Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol.

I49

den und die hohenemsischen;1 in den alten Copien, welche für die Sammlung des Erzherzogs her-
gestellt wurden, sind sie erhalten geblieben, ein Umstand, der umsomehr ins Gewicht fallt, als ihre
Bedeutung für die Zeit- und Culturgeschichte des XVI. Jahrhunderts nicht unterschätzt werden darf.

Einige Beachtung verdienen endlich auch die Aufschriften der deutschen Bildnisse, insoweit
diese nach ihrem Einlangen in Tirol mit solchen versehen wurden. Ein kleiner Theil (21 Stücke) ist
gänzlich unbezeichnet geblieben. Eine grössere Zahl (70 Stück) war schon bezeichnet eingetroffen; so
verrathen auf den hessischen einzelne Dialektformen wie su statt zu, Hesse statt Hessen, auf den säch-
sischen die nur ihnen eigenthümliche enge gothische Goldschrift, auf den brandenburgischen die An-
wendung der französischen Sprache, endlich auf den hohenemsischen die dunkelgelbe Farbe und deren
dicker Auftrag das Entstehen der Aufschrift ausserhalb Tirol; in allen hier genannten Fällen, mit ein-
ziger Ausnahme der brandenburgischen Bilder, sind die Bezeichnungen in deutscher Sprache gegeben.

Dagegen sind die übrigen (77) Bildnisse erst in Innsbruck oder Ambras mit Schrift versehen
worden. Dies ergibt sich sowohl aus dem Charakter der Schrift, der in der Mehrzahl der Fälle jenem
der Aufschriften der Stammbaumbilder, die ebendort entstanden, gleich ist, als auch aus dem Umstände,
dass die gleiche Silberschrift auf Bildnissen vorkommt, die aus sehr verschiedenen Orten, wie München,
Augsburg, Prag (Nr. 123) und Genua (Nr. i38, i3g), stammen. Sprache und Farbe der in Tirol ent-
standenen Aufschriften sind verschieden und scheinen, ursprünglich wenigstens, nach gewissen Prin-
cipien angewendet worden zu sein. Die Bilder der Kaiser, Könige und Herzoge nebst denen der
Kurfürsten und Pfalzgrafen am Rhein haben ausschliesslich Aufschriften in lateinischer Sprache,
während vom Adel, der Geistlichkeit und den Celebritäten nur die Bildnisse Jener, welche schon vor
längerer Zeit2 oder in der Fremde gelebt hatten,3 lateinische, dagegen jene jüngerer Zeitgenossen, die
dem Erzherzoge und seinem Hofe näher standen,4 deutsche Aufschriften erhielten. Die lateinische
Sprache wird also als die geziemende für Reichsfürsten höheren Ranges und als die herkömmliche für
alte und fremde Persönlichkeiten festgehalten, die deutsche für den niederen, meist neuen Adel und
heimische Zeitgenossen zugelassen. In dem Maasse, in welchem dies geschieht, — von 77 Fällen zeigen
47 lateinische, 3o deutsche Aufschriften — zeigt sich das Vordringen der deutschen Sprache im öffent-
lichen Gebrauche. Dabei ist die Schrift selbst durchweg die lateinische unciale der Renaissance;
gothische Buchstaben finden sich nur vereinzelt.5

Wichtiger für uns ist die Anwendung verschiedener Farben: Gold, Silber und weisse oder
gelbe Oelfarbe, für Aufschriften, die in gleicher Zeit hergestellt wurden. Hierin lässt sich unschwer
das Princip erkennen, die dargestellten Persönlichkeiten nach hierarchischen Kategorien zu unter-
scheiden, wenn diess auch nur bei den früheren Erwerbungen unserer Sammlung beobachtet, später
vernachlässigt worden zu sein scheint. Wie in den Bildern nach dem Stammbaume die Kaiser und die
Mitglieder des Erzhauses, so sind auch unter den deutschen Bildnissen die Kaiser und Könige durch
Goldschrift6 ausgezeichnet. Die Reichsfürsten, der Geburtsadel und die Geistlichkeit werden durch
überwiegenden Gebrauch der Silberschrift,7 die Celebritäten durch solchen der Oelschrift8 im
Grossen von einander unterschieden, während Wundermenschen und Hofnarren, die in gewissem
Sinne ausserhalb der socialen Ordnung stehen, wieder Silberschrift zeigen. 9 Bezeichnend ist für diesen

1 Mit Sicherheit lässt sich der dermalige Verlust der Originale für folgende 71 Numcrn feststellen: Pfalz: Ii; Baiern:
x5t 18, 19; Württemberg: 25; Sachsen: 40—87; Celebritäten: 98, 99, 109, n3—117, 119, 125, 126, 150, 151, 158, 162, 164,
166, 167.

2 Z. B. Nr. 99 Aesslinger, Nr. io3 Claus von der Flüe, Nr. 105 Erasmus von Rotterdam.

3 Z. B. Nr. 107 Floris, Nr. i33 Rore, Nr. 151 Willaert.

4 Beispiele: Nr. 106 Fernberger, Nr. 110 Barbara Fugger, Nr. 122 Khuen, Nr. 123 Poplin v. Lobkowitz, Nr. 124
Maxlrain, Nr. i3i v. Rechberg, Nr. 135 Rueber, Nr. i36 Schürf, Nr. 137 Schwcndi, Nr. l38 A. Sittinghausen, Nr. 145 Taxis,
Nr. 146 Teuffei, Nr. 147 Thum, Nr. 152 Wrchotta und die lustigen Tischräthe Nr. 159, 160—161, 163 —167.

3 Nr. i32, 160, 161.

6 Nr. 1, 2, 3 in Gold, 4A in Silber.

7 Unter 47 Fällen dieser Kategorie trifft man 10 Gold-, 3i Silber- und 6 Oelschriftcn.

8 Unter 16 Fällen 2 Gold-, 2 Silber-, 12 Oelschriften.

9 Unter 10 Fällen 9 Silber-, 1 Oelschrift.
 
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