Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

DOI Heft:
Abhandlungen
DOI Artikel:
Kenner, Friedrich: Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0263
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
234

Dr. Friedrich Kenner.

vermählt, hatte er dreizehn Söhne, darunter den nachmals zu hohen Ehren gekommenen Rudolf Khuen-Belasy,
Freiherrn von Neulengbach, und vier Töchter, deren eine, Anna, mit Wilhelm Freiherrn von Schurff zu Ratten-
berg vermählt war.1

Aufschrift in weisser Farbe: (I)ACOß KHVEN RITTE(r). Brustbild rechts, in Dreiviertelprofil,

mit braunen Augen, dunklen feinen Brauen und
weissem Vollbarte, unten rund, auf dem Kopfe eine
hohe schwarze Mütze, der Halskragen mit Spitzchen
besäumt, in schwarzem Kleide mit glatten umge-
schlagenen Manschetten, in schwarzer Schaube mit
braunem Pelze, die kurzen Aermel mit gleichem Pelze
verbrämt; in der Rechten einen Handschuh, die Linke
mit Ring am Goldfinger leer. Etwas roh und steif
gemalt. — Katalog Nr. 799.

123. Eva Eusebia Maria Popel Freiin von
Lobkowitz,

Tochter Georg des Aelteren Freiherrn Popel von Lob-
kowitz2 und der Katharina von Lokgan,3 verwitweten von
Sternberg, einer Cousine der Philippine Welser. Das Ge-
burtsjahr der Eva ist unbekannt, kann aber, da sich ihre
Eltern am 2. September 1574 vermählten, nicht vor 1575 an-
gesetzt werden; da sie ferner in einem Alter von etwa
18 Jahren dargestellt ist, wird das Bildniss um 1593 gemalt
sein. Sie vermählte sich — das Jahr ist gleichfalls un-
bekannt — mit ihrem Vetter Johann Niklas Popel Frei-
herrn von Lobkowitz (gestorben i6i3),+ überlebte diesen
um eilf Jahre, starb kinderlos am 12. August 1624 und
wurde in der Salvatorkirche der Jesuiten in Prag bei-
gesetzt. 5

Die hochgebildete schöne Frau war des Lateinischen
und Griechischen vollkommen mächtig und ebenso aus-
gezeichnet durch ihren Charakter, der sich bei den tra-
Nr. 123. gischen Schicksalen ihrer Eltern in glänzendem Lichte

zeigte. Am 6. Mai 1590 wurde ihre Mutter von dem eigenen
Sohne erster Ehe, dem in Wahnsinn verfallenen Ferdinand
von Sternberg, einem Stiefbruder Evas, ermordet- Vier Jahre später erfolgte der plötzliche Sturz ihres Vaters,
der bisher als Oberster Landeshofmeister von Böhmen in grossem Ansehen bei Kaiser Rudolf II. gestanden;
er wurde wegen der Umtriebe gegen Letzteren aller seiner Güter entsetzt und am 29. April 1594 zu lebensläng-
lichem Kerker verurtheilt. Eva theilte sein Gefängniss in Lickau und Glatz und veröffentlichte, nachdem sie ver-
geblich die grössten Anstrengungen, seine Begnadigung zu erlangen, gemacht hatte, im zwölften Jahre der Haft

600 Gulden, welches die kaiserlichen Töchter seinem Vater zu seinem Abschied vom Amte »zu gnedigster gedechtnus
und erkantnus seiner aufrichtigen, erlichen, getreuen dienste« gegeben hätten. Jahrbuch, Bd. XI (1890), Regest Nr. 7585.
Jakob wird jedoch noch im Jahre 1564 (3l. Jänner und 14. October) in seiner Eigenschaft als Obersthofmeister der Prinzes-
sinnen genannt.

' Fr. K. Wisgrill, Schauplatz des landsässigen niederösterreichischen Adels, Wien 1804, V, 110.

2 Er war Rath, Kämmerer und Stallmeister des Erzherzogs Ferdinand von Tirol und einer seiner vertrautesten Rath-
geber sowie der Nachfolger im Besitze seiner böhmischen Güter, die er vom Erzherzog kaufte; Letzterer stand mit ihm und
seiner Frau in eifriger und vertraulicher Correspondenz. Hirn, Geschichte des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, II, S. 348f.

'i Sie war die Tochter der Katharina Adler von Zinnenburg, Gemahlin des Georg von Loksan auf Bfeznic, Vice-
kanzlers von Böhmen, Witwe seit 1569. Diese ältere Katharina von Loksan und die Mutter der Philippine von Welser,
Anna, waren leibliche Schwestern, jene auch ihrer Nichte mit mütterlicher Sorge und Treue zugethan. Ihre Tochter, die
jüngere Katharina von Loksan, erfreute sich besonderen Vertrauens und väterlicher Zuneigung von Seite des Erzherzogs
Ferdinand, der sein Wohlwollen auch auf ihre Tochter zweiter Ehe, unsere Eva, übertragen zu haben scheint. Vgl. Hirn,
a. a. O.

4 Den Jeton auf die Vermählung (leider auch ohne Jahresangabe) siehe abgebildet in Josef Neumann, Böhmische Privat-
münzen und Medaillen, Taf. 28, Nr. 238 (mit Namen und Wappen auf beiden Seiten).

5 Diese und die folgenden Personalien Evas verdanke ich einer gütigen Mittheilung des fürstlich Lobkowitz'schen Archi-
vars Herrn Dr. Max Dvorak in Raudnitz an der Elbe.
 
Annotationen