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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Abhandlungen
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Chmelarz, Eduard: Jost de Negker's Helldunkelblätter Kaiser Max und St. Georg
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0426
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Jost de Negker's Hclldunkelblätter Kaiser Max und St. Georg.

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das französische Clairobscur oder das seltener gebrauchte Camaieu in der Sprache der Kunstblätter-
sammler für einen Abdruck von zwei oder mehreren Holzschnittplatten, deren eine zumeist in Schwarz
die Contouren und das Gerüste der Composition gibt, die anderen aber einen Gesammtton in ge-
dämpfter gelber, grüner oder brauner Farbe liefern. Die Contouren und Hauptschraffierungen werden
von einer Strichplatte gedruckt, in welcher jeder Feder- oder Pinselstrich der Originalzeichnung
scharf umrissen herausgeschnitten ist, wogegen die Tonplatten mehr flächenhaft behandelt sind.1 Um
mich noch einfacher auszudrücken, mochte ich sagen: Was wir bei der modernen Lithographie all-
gemein verständlich als Tondruck bezeichnen, dasselbe wollen obige Ausdrücke bezüglich der Holz-
schnitte aus dem XVI. Jahrhunderte besagen und es wäre eigentlich gerathen, den Zwitternamen
Helldunkel überhaupt auszumerzen. Einen buntfarbigen Steindruck nennen wir Chromolithographie
und einen buntfarbigen Holzschnitt Chromoxylographie. Aber eine solche Buntfarbigkeit gab es im
XVI. Jahrhunderte aus dem einfachen Grunde noch nicht, weil man mit den Helldunkelblättern gar
nicht die Absicht hatte, vielfarbige Gemälde nachzuahmen sondern blos die damals beliebten Zeich-
nungen oder Skizzen der Maler auf farbigem Papier. Die in solchen Zeichnungen auf dunklem Papier
aufgesetzten Lichter wurden dann in den copirenden Holzschnitten aus den Tonplatten ausgespart.
Das sprechendste Beispiel für diese Absicht und den Vorgang beim Drucken liefert Cranach's St. Georg
zu Pferde mit dem besiegten Drachen (Bartsch 65, Heller 82, Schuchardt 75) im königl. Kupferstich-
cabinet zu Dresden. Weil damals Cranach vor 1508 die Tonplatte noch nicht kannte, so ist dieser
Holzschnitt von ihm auf blauem Papier mit weissen, von einer besonderen Strichplatte aufgedruckten
Lichtern hergestellt.

Hiedurch war die Idee nahegelegt, bei ganz kostbar geplanten Blättern die Lichter statt in
Weiss in Gold oder Silberfarbe zu drucken, und thatsächlich wurde Cranach der Erfinder dieser
Technik. Wir dürfen ihm den Ruhm dieser Erfindung nach dem Wortlaute des Briefes, welchen
Dr. Peutinger, Stadtsecretär von Augsburg und des Kaisers Max Beirath in künstlerischen Dingen, an
den Kurfürsten Herzog Friedrich den Weisen zu Sachsen schrieb,2 nicht streitig machen: »In ver-
schinem jähre (1507) hat eur fürstlich gnaden kamerer, herr Degenhart Peffinger, mir kurisser von
gold und silber, durch eur fürstlich gnaden maier mit dem truck gefertiget, geantwurt, mich damit
bewegt, solche kunst allhie (in Augsburg) auch zuwegenzupringen. Und wiewol ich des ain
costen getragen, so hab ich doch von gold und silber auf pirment getruckt kurisser zu-
wegengebracht, wie eur fürstlich gnaden ich hiemit ain prob zuschicke, eur fürstlich
durchlauchtigkait unterthanniglich bittende, wollen die aus gnaden besichtigen und mir zu erkennen
geben, ob die also gut getruckt seien oder nit. 1508 Sonntag nach Mauritii.« Und am 25. September
desselben Jahres schreibt Peutinger an den Herzog Georg zu Sachsen: »Ich hab mit meinen kunst-
lern allhie gefunden, von gold und silber auf pirment und papier zu trucken, wie eur
fürstlich gnad vormalen von mir ein buchlin hat, (also ein ganzes Buch in Gold- oder Silberdruck, wie
es früher Manuscripte in Gold- oder Silberschrift gab?) hiemit eur fürstlich gnaden getruckt kurisser
zuschick, untertaniglich bittende, wollen die aus gnaden besichtigen und mir zu erkennen geben, wie
eur fürstlich gnaden solch kunst gefalle, mich daneben zu eur fürstlich gnaden untertanigen diensten
allzeit ungesparts fleis willig erpietende« etc. etc.

In diesen Briefen ist mithin deutlich ausgesprochen, dass Peutinger im Jahre 1507 in Gold ge-
druckte »kurisser«, also wahrscheinlich Ritterfiguren, vom sächsischen Hofe zugeschickt erhalten hat,
welche vom dortigen Hofmaler, also wohl von Cranach's Hand stammten, d. h. nach dessen Zeichnung

1 Der Unterschied zwischen italienischen und deutschen Helldunkelblättern besteht zumeist darin, dass die Italiener
es lieben, in der Tonscala einer einzigen Farbe vom Dunkel zum Lichte heraufzugehen, während die Deutschen kaum
jemals ohne schwarze Strichplatte arbeiten und nicht selten zur Steigerung der coloristischen Wirkung ganz verschiedene
Farben nebeneinander setzen. Vgl. Altdorfer's schöne Maria von Regensburg, welche oft von fünf, im Berliner Exemplare
sogar von sieben Platten gedruckt ist. Solche Fälle gehören jedoch zu den Ausnahmen und machen das oben im Texte
Gesagte nicht hinfällig.

2 Herberger Theodor, Conrad Peutinger in seinem Verhältnisse zu Kaiser Maximilian I., nach bisher unbenutzten
archivalischen Quellen bearbeitet, Augsburg 1851, S. 26, Anm. 81 und 82. Auch bei Seibt, a. a. O., p. 26, 27.

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