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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Chmelarz, Eduard: Jost de Negker's Helldunkelblätter Kaiser Max und St. Georg
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0427
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Eduard Chmelarz.

von einem Unbekannten in Holz geschnitten waren.' In der bestimmten Absicht, mit den sächsischen
Künstlern zu wetteifern, hat er nun in seiner Vaterstadt Augsburg von Künstlerfreunden eine ähnliche
Leistung anstreben lassen und der Erfolg liegt uns in dem herrlichen Blatte der Sammlung Hauslab-
Liechtenstein (B. 32) vor. Die Wahl des Stoffes, ein Bildniss seines ritterlichen Kaisers und Gönners,
finden wir bei Peutinger's Verehrung für Maximilian sehr naheliegend und, dass gerade Burgkmair
die Zeichnung lieferte, ist bei dessen Stellung im Kreise jener Künstler, welche unter Peutinger's Inten-
danz für den Kaiser in Augsburg arbeiteten, sozusagen selbstverständlich. Sicherlich war das prächtige
Blatt, Maximilian in voller Rüstung zu Pferde darstellend, von Peutinger nach dem Wortlaute seines
Briefes auf seine eigenen Kosten bei Burgkmair in Auftrag gegeben, sowie es kaum einem Zweifel
unterliegt, dass das Exemplar der Gothaer Sammlung eines von jenen ist, welche Peutinger voll Stolz
auf seine heimischen Künstler an den sächsischen Hof gesandt hat. Ueber die Provenienz des Blattes
Hauslab-Liechtenstein, welches in Druck und Pergament gleich ausgezeichnet erhalten ist, konnte
leider nichts in Erfahrung gebracht werden.

Besonders beachtenswerth und von LÖdel gar nicht hervorgehoben ist es, dass das Blatt mit 1508
datirt ist, während spätere Abdrücke, sowohl einfach schwarze von der blossen Strichplatte als auch
jene mit gelbbrauner Tonplatte, wie sich solche in der Kupferstichsammlung der k. k. Hofbibliothek
befinden, die Jahrzahl 1518 zeigen. Es wurde nämlich die Null von 1508 aus dem Holzstock heraus-
gebohrt und aus dem dafür eingesetzten Holzklötzchen eine 1 zu 1518 geschnitten. Dieses technische
Vorgehen ist das einzige, mittels dessen Correcturen in Holzstöcken vorgenommen werden können,
und auch auf diesen späteren Abdrücken unschwer erkennbar. Das durch Gold auf Pergament ungemein
discret und vornehm wirkende Blatt der Sammlung Hauslab-Liechtenstein ist allerdings kein ganz
richtiges Helldunkelblatt zu nennen, weil die Tonplatte fehlt, es müsste denn sein, dass wir die zarte
gelbliche Farbe des Pergamentes als den Gesammtton betrachten wollten. Aber nach strenger Observanz
wäre sonach der obenerwähnte Cranach'sche St. Georg auf blauem Papier in Dresden auch kein Hell-
dunkelblatt und man müsste den letzteren als Weissdruck wie unseren Kaiser Max als Golddruck be-
zeichnen. In Gold sind nämlich von einer zweiten Stichplatte die Lichter gedruckt, und zwar fast
durchweg zutreffend an jenen Stellen, welche im eigentlichen Helldunkelblatte von 1518 weiss aus-
gespart sind. Es wäre vielleicht ein interessanter technischer Versuch, auf der Photocopie eines braunen
Abdruckes von 1518 die Goldlichter unseres Blattes von 1508 durch Ueber-, beziehungsweise Unter-
druck aufzutragen.

Wenn also unser Kaiserblatt noch kein eigentliches Helldunkelblatt ist, so repräsentirt es doch
eben wie das Cranach'sche St. Georgsblatt eine Vorstufe der Entwicklung der Holzschnitttechnik in
Nachahmung lavirter Federzeichnungen oder mit dem Pinsel ausgeführter, fast monochromer Skizzen.
Der Fortschritt wurde dann durch Anwendung von ein oder zwei Tonplatten nebst der schwarzen
oder auch andersfarbigen Strichplatte gemacht und dieser Erfindung rühmt sich der Antwerpener
Formschneider Jost de Negker, welcher sich im ersten Zehent des XVI. Jahrhunderts in Augsburg
niedergelassen hatte und bekanntlich bei der Herstellung der Holzschnittfolgen nach Zeichnungen von
Burgkmair, Schäufelein und Leonhard Beck für die cyklischen Werke des Kaisers Max eine Haupt-
rolle spielte. Auf zahlreichen Blättern von seiner Hand steht, oft von einem besonderen Holzstöckchen
gedruckt, Jost de Negker zu Augspurg oder blos Jost de Negker. Bartsch, Peintre graveur VII, 243,
versetzt den Meister nach Nördlingen in unrichtiger Lesung von dessen Monogramm Jst d N, welches
sich unter Burgkmair's Namen auf dessen S. Sebastian vom Jahre 1512 (B. 25) findet. Ein Brief des
Künstlers an den Kaiser, vom 27. October 1512 datirt, von welchem noch des Mehreren zu sprechen
sein wird, ist unterzeichnet: Jos. Dienecker, formschneider von Antdorff zu Augspurg.2

1 Nach gütiger Mittheilung des Herrn Professors Dr. Lehrs zeigt schon das Dresdener Exemplar von Cranach's
St. Georg (B. 65) schwache Spuren von Gold und ist in der bekannten Sammlung des Herrn Mitchell in London ein wirk-
licher Golddruck dieses Blattes ebenfalls auf blau getontem Papier erhalten.

2 Aus dem Augsburger Archive vollständig abgedruckt im Jahrbuche der kunsthistorischen Sammlungen des Aller-
höchsten Kaiserhauses, Bd. XIII, II. Theil, Nr. 8594; in gekürzter Form bei Herberger und Seibt, a. a. 0.
 
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