Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

DOI issue:
Abhandlungen
DOI article:
Chmelarz, Eduard: Jost de Negker's Helldunkelblätter Kaiser Max und St. Georg
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0428
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Jost de Negker's Helldunkelblättcr Kaiser Max und St. Georg.

395

Aus dem Inhalte des Briefes seien zu besserer Uebersicht folgende Punkte hervorgehoben:

1. Jost de Negker stand an der Spitze einer Reihe von Holzschneidern, welche die Holzschnitt-
folgen für des Kaisers Max grosse Werke Weisskunig und Theuerdank, die Heiligen des Hauses Habs-
burg und den Triumphzug herstellten, und er macht sich dem Kaiser gegenüber anheischig, mit zwei
neuen, gegen einen Jahressold von 100 Gulden aufzunehmenden Holzschneidern die hohen Aufträge
rasch zu fördern, monatlich 6—7 Stöcke fertigzubringen und durch seine eigene Kunst im Schnitt so
auszugleichen, dass sämmtliche Holzschnitte als wie von einer Hand gearbeitet erscheinen sollen.

2. Im Besonderen besorgte Denegker gerade zu jener Zeit den Holzschnitt für den Theuerdank
nach Zeichnungen Schäufelein's und bittet den Kaiser, er möge auf den Schonsperger, den Drucker
dieses Werkes, einwirken, dass derselbe den Schäufelein für seine Arbeiten ordnungsgemäss bezahle.

3. Nimmt Denegker die Ehre der Erfindung jener Art von Auszierung im Theuerdankdruck für
S1ch in Anspruch, welche darin besteht, dass an Initialen und besonders an Buchstaben der obersten
und untersten Zeile gewisse ornamentale Schnörkel angesetzt werden, vielleicht in Nachahmung ähn-
licher Linienzüge bei Initialen gothischer Manuscripte. Der Buchdrucker Schonsperger scheint sich
selbst mit dem Ruhme dieser Erfindung gebrüstet zu haben. Es sind das dieselben Verzierungen,
welche auf dem kleinen Holzstöckchen erscheinen, mit welchem Jost de Negker manche seiner Blätter
unter dem Bilde bezeichnet, so z. B. auf der Madonna mit dem Kinde nach Burgkmair (B. 11), ferner
auf desselben Meisters St. Clara (B. 27), auf den drei gut Cristen (B. 64) und drei gut Judin (B. 67),
"wonach und wegen der Gleichmässigkeit des Schnittes Bartsch wohl mit Recht schliesst, dass die ganze
Folge Burgkmair's (B. 64—69) von Jost de Negker geschnitten wurde.

4. Da der Kaiser sich gegen Peutinger beklagt zu haben scheint, dass Jost de Negker ausser den
kaiserlichen Aufträgen noch fremde Arbeiten übernehme, vertheidigt sich der Künstler, betheuernd,
dass dies nicht der Fall sei; »dann allain ausgenomen hab ich aus geschaft des Dietrich
Stainers Hansen Baumgartner sein angesicht gekunderfeit mit drei formen, aines bogen
8ross, als die euer kais. maj. soll sehen, so die ausgedruckt werden, und sunst niemand
nichtzit gemacht.«

Sonach bezeichnet sich Denegker ausdrücklich als den Schöpfer des Bildnisses von Hans Baum-
gartner, dem Finanzmanne und kaiserlichen Pfleger auf Ehrenberg, nach Burgkmair's Zeichnung vom
Jahre 1512 (B. 34). Es ist dies eines der prächtigsten Helldunkelblätter von drei Platten in einem
grünlichblauen Gesammtton. Wenngleich auf dem Blatte nur der Name Burgkmair's vorkommt, so ist
an der Autorschaft Denegker's für den Holzschnitt nach dem Wortlaute seines Briefes nicht im Min-
desten zu zweifeln. Gleich trefflich und sicherlich auch von Jost Denegker nach Burgkmair ist das
Bildniss Fugger's bei Weigel a. a. 0., Lfg. XIV oder 2. Supplementblatt.

Diese Kunst Denegker's, Helldunkelblätter von mehreren Platten zu drucken, wird es wohl sein,
urn derentwillen die zwei oben erwähnten Formschneider gern unter ihm in kaiserlichen Diensten
arbeiten wollten, »damit sie auch mein neuen stuckkunst und fund, so ich vor andern, kainen aus-
genomen, kan, waiss und haben bin, erlernen möchten«. Dabei befremdet uns nur, dass Denegker im
Jahre 1512 als seine einzige ausser kaiserlichem Auftrage gefertigte Arbeit jenes Porträt von Baum-
gartner angibt, es müsste denn sein, dass das Bildniss des Papstes Julius II., das von zwei, im Dresdener
Cabinet von drei Platten gedruckt vorkommt, auch im Auftrage des Kaisers gemacht worden wäre.
Ferner ist auf zwei Exemplaren von Burgkmair's »Tod als Würger« (B. 40), einem Helldunkelblatte von
drei Platten, in der Albertina unter dem Malernamen links unten der Name Jost de Negker sichtbar.
Wenn es richtig ist, dass es Abdrücke dieses Blattes mit der Datirung 1510 gibt,1 so ist uns mit dieser
Jahreszahl der früheste Termin der Helldunkeltechnik für Jost de Negker gegeben,2 nach dem Wort-

1 Passavant, Peintre graveur, Bd. III, p. 267, Nr. 40: Bei dem Blatte der Albertina ist keine Jahreszahl zu sehen.
m königl. Museum in Berlin zeigt der Abdruck den Namen Jost de Negker's unter dem Bilde von einem eigenen Holz-
tockchen gedruckt, aber ohne Jahreszahl.

2 Herr Franz Ritter, Bibliothekar-Scriptor am k. k. österr. Museum für Kunst und Industrie, machte mich darauf auf-
erksam, dass in der Oppermann'schen Auction 1882 in Berlin ein Helldunkelblatt unseres Kaisers Max mit der Jahreszahl
 
Annotationen