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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 25.1905

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I. Theil: Abhandlungen
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Suida, Wilhelm: Die Jugendwerke des Bartolommeo Suardi genannt Bramantino
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https://doi.org/10.11588/diglit.5915#0007
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2

Wilhelm Suida.

1525, am 2. Oktober: Quittung für den Pachtzins eines Grundstückes (canone livellario), auf-
gesetzt von dem Notar Tommaso Seregni, aus der ersichtlich ist, daß der Künstler in der Pfarre S. Ba-
bila bei Porta Orientale (heute Porta Venezia) wohnte, wie schon im Jahre 1513.

1526, am 1. Mai erhält Bartolomeus de Suardis, cognominato Bramantinus, von dem zurück-
gekehrten Herzog Francesco II. Sforza ein höchst auszeichnendes Dekret als herzoglicher Architekt
und Maler.

1536, am 25. Februar wird Bartolomeus Suardi dictus Bramantinus, nachdem er seine Tochter
Laura an Gian Giacomo da Monza verheiratet und derselben als Mitgift das obenerwähnte Anwesen
in der Pfarre S. Bartolommeo di Porta nuova gegeben hatte (Notar Gio. Antonio Canali), in einem
Dokumente als «nunc quondam», als verstorben genannt (Akt des Notars Gervaso da Bilieni).

2. Erwähnungen bei gleichzeitig lebenden Schriftstellern.

Die durch die Dokumente festgelegten Daten müssen den sicheren Grund bilden, von dem aus
wir die Nachrichten der Kunstschriftsteller des XVI. Jahrhunderts beurteilen können.

Noch zu Lebzeiten Bramantinos (man setzt die Entstehungszeit der Notizia d'opere del disegno
in die Jahre zwischen 1515 und 1520) berichtet Marcanton Michiel1 (der Anonymus des Morelli),
daß die Zeichnungen für die Intarsien des Chorgestühls von S. Domenico de' Frati observanti zu Ber-
gamo, darstellend Szenen aus dem alten Testamente und perspektivische Ansichten, von Troso da
Monza, Bernardo da Trevi, Bramantino und anderen gefertigt worden seien. Diese einer dokumen-
tarischen Beglaubigung nahezu gleichkommende Nachricht wird von der Stilkritik vollständig gestützt.
Das Chorgestühl, von dem im folgenden noch die Rede sein soll, befindet sich heute in S. Bartolom-
meo in Bergamo.

In seinem im Jahre 1521 zu Como erschienenen Kommentar zu dem Werke des Vitruv hat Cesare
Cesariano, ein Schüler Bramantes und mit Bramantino zweifellos persönlich gut bekannt, den Namen
desselben als Maler verzeichnet, ohne indes weitere Nachrichten über sein Leben und Wirken, wor-
über er gewiß genügend Kunde hatte, hinzuzufügen. «Bartholomeo seu Bramantino» erscheint hier
neben Gio. Antonio Boltraffio, Marco d'Oggionno, Bernardo Triviliano (Zenale) und Bernardino de
Lupino.2

3. Nachrichten bei Kunstschriftstellern des XVI. Jahrhunderts.

Vasari weiß nun über Bramantino Weiteres zu berichten. Zunächst erzählt er in der Vita des
Piero della Francesca, daß Bramantino (in der 2. Ausgabe der Vite von 1568 ist der Name in «Bra-
mante von Mailand» umgeändert) in den Stanzen des Vatikan im Wettstreit mit Piero della Francesca
gemalt habe. Von letzterem waren die Darstellungen, welche sich an Stelle der Befreiung Petri und
der Messe von Bolsena befanden. Sie wurden herabgeschlagea, als Raffael kam, und ähnlich sei es den
Werken Bramantinos ergangen. Dem Vasari wurden besonders etliche Köpfe gelobt, welche Braman-
tino auf jenem Bilde nach der Natur gemalt haben sollte. In der zweiten Ausgabe von 1568 nennt
Vasari einige dieser Porträte mit Namen, nämlich: Niccolö Fortebraccio, König Karl VII. von Frank-
reich, Antonio Colonna Fürst von Salerno, Francesco Carmignola, Giovanni Vittellesco, Kardinal Bes-
sarion, Francesco Spinola und Battista da Canneto, lauter Persönlichkeiten, welche ihrer Hauptwirk-

1 Notizia d'opere del disegno, herausgegeben von Th. v. Frimmel, Wien 1888.

2 Di Lucio Vitruvio Pollione de Architectura libri X, Kommentar von Cesare Cesariano, Como 1521, pag. XLVI1I tergo.
Die ganze Stelle lautet: Non mancho molti pictori Mediolanensi compagni nostri: Como fu la singularitä del pingere le Ideae
de qualcuni vivendo Joanne Antonio Boltraphio et la maxima et diligente pratica universale di Marcho de Oglono. La pra-
tica del pingere in muri in qualche parte de Architectura di Bernardo Triviliano, non mancho Bartholomeo seu Bramantino:
Et Bernardino de Lupino et molti altri quali sono alla nostra aetate sono florenti et le loro opere non solum in Milano ma
etiam in molti loci con Ii altri externi patricii pono Stare con digne comparatione.
 
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