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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 25.1905

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II. Theil: Quellen zur Geschichte der kaiserlichen Haussammlungen und der Kunstbestrebungen des Allerdurchlauchtigsten Erzhauses
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Beer, Rudolf: Niederländische Büchererwerbungen des Benito Arias Montano für den Eskorial im Auftrage König Philipp II. von Spanien: Nach unveröffentlichten, aus dem Musée Plantin-Moretus zu Antwerpen von Max Rooses zur Verfügung gestellten Urkunden
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https://doi.org/10.11588/diglit.5915#0268
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JI

Niederländische Büchererwerbungen des Benito Arias Montano.

des Schenkungsinventars vom Jahre i5"j6 ausgesprochene
Hoffnung verwirklicht, daß die urkundliche Bekannt-
machung des ursprünglichen Bestandes einer der größten
und wertvollsten Büchereien, die im XVI. Jahrhundert
gegründet wurden, zu weiteren Nachforschungen über
Umfang und Provenienz der einzelnen Fonds anregen
werde. Einer der wichtigsten dieser Fonds, einer, der
erheblich da^u beigetragen hat, der Eskorialbibliothek
jene Marke der Universalität aufzuprägen, die ihr ge-
rade in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung eignete,
wird nunmehr auf dokumentarischer Grundlage bekannt.
Nicht bloß die bibliographische und bibliotheksgeschicht-
liche Forschung zieht hieraus Nutzen; geistiges Rüst-
zeug erlesener Art sehen wir von den Niederlanden über
die Pyrenäen wandern und gewinnen durch den so be-
stimmt geführten Nachweis dieserWanderungfeste Halt-
punkte, um wissenschaftliche und literarische Anregun-
gen an der Hand der Quellen genau zu verfolgen. Das ist
in den erläuternden Bemerkungen ^u der mehrerwähnten
Publikation des Schenkungsinventars vom Jahre i5jß
wiederholt mit dem Hinweis darauf betont worden, daß
diese Anregungen dem verständnisvollen kulturellen
Wirken eines bisher viel verkannten Mitgliedes des
Habsburgischen Hauses zu verdanken sind.

Die aus dem Plantinschen Musealarchiv zur Ver-
fügung gestellten Urkunden geigen nicht bloß, was, son-
dern auch, wie von Montano im Auftrage Philipp II.
erworben wurde. Herr Rooses hat sich nicht begnügt,
die Inventare der aus Antwerpen nach Spanien gesendeten
Manuskripte und Druckwerke aus den Akten auszuheben
sondern auch aus den Rechnungsbüchern Plantins die
einschlägigen Zahllingsbelege exzerpiert. Auch hierfür
sind wir ihm Dank schuldig.

Schon Gachard hat darauf hingewiesen, daß die
Vermutung, König Philipp habe behufs Bereicherung
der von ihm gegründeten Bibliothek die niederländischen
Sammlungen spoliieren lassen, nicht zutrifft. Nun er-
gibt sich aus den Plantinschen Rechnungsbüchern der
schlagende Beweis für die Haltlosigkeit dieses Verdachtes.
Arias Montano hat, seinen Weisungen genau folgend
(vgl. Jahrb. XXIII, S. XVIIf.), aus den von Plantin
geleisteten Rückzahlungen der ihm gewährten Vorschüsse
sowohl die erworbenen Bücher als auch die aufgetragenen
Buchbinderarbeiten bar befahlt. Das war nun aller-
dings nicht ganz nach Plantins Geschmack, der im Stillen
gehofft haben mochte, daß ihm das gesamte seinerzeit
gewährte Darlehen als Kostenbeitrag überlassen werden
würde. Bei objektiver Betrachtung läßt sich die von
Madrid aus Plantin gegenüber beobachtete Haltung ge-
wiß nicht als eine diesem ungünstige charakterisieren.
Man braucht nicht viel vom geschäftlichen Verkehr zu
verstehen, um den Vorteil einzusehen, den ein Vorschuß
in der ansehnlichen, durch die Rechnungen bezeugten
Höhe bei einem Unternehmen bedeutele, das allerdings
ein Risiko involvierte, aber dem Meister der schwarzen
Kunst und seinem Hause dauernden Ruhm verhieß.
Hierzu kommt, daß — gleichfalls laut Zeugnis der
Bücher Plantins — auch nach Bezahlung der von Mon-
tano gemachten Erwerbungen und Bestellungen noch ein
beträchtlicher Betrag zu>" Verfügung des Druckers zu-
rückblieb.

Wie aus diesen Rechnungen das streng korrekte
Gebaren Montanos in geschäftlicher Beziehung hervor-
geht, so bestätigen sie auch in anderer Richtung die

Sorgfalt und Umsicht, mit der der ausgezeichnete Ge-
lehrte seinem Auftrage nachzukommen trachtete. Aus
einem Teile der früher zitierten Quellen wußten wir be-
reits, daß sich der königliche Kommissär anläßlich seiner
Mission nicht auf Erwerbung von speziell niederländi-
schen Handschriften und alten Drucken beschränkte
sondern ein so günstig gelegenes literarisches Emporium,
wie es Antwerpen gerade damals war, als Mittelpunkt
betrachtete, von dem aus erfolgverheißende Erwerbungs-
aktionen auf die Nachbarländer erstreckt werden konnten.
In der Tat finden wir in den folgenden neu erschlossenen
Belegen die rechnungsmäßige Bestätigung, daß von Mon-
tano nicht unbedeutende Ankäufe griechischer Hand-
schriften in Frankreich gemacht wurden. Ferner er-
fahren wir die interessante Tatsache, daß Montano auch
das Binden der Bücher in den Niederlanden besorgte;
sie wurden dort mit Emblemen geschmückt, die wir als
spezifisch spanisch bezeichnen möchten, ein Umstand, den
die Geschichte des Bucheinbandes berücksichtigen wird.

Noch deutlicher geht Montanos Fürsorge für die
Bibliotheksgründung aus zwei Stellen seines Berichtes
an Philipp II. vom 10. Mai i5jo (Archivo de Simancas,
Papeles de Estado, legajo 58ß) hervor, die von Gachard
vor einem halben Jahrhundert in den Bulletins der belgi-
schen Akademie (a. a. 0.,p. 232, Note 1, und 234, Note 1)
veröffentlicht wurden, aber an dieser etwas versteckten
Stelle wenig Beachtung fanden. Auch in den Erläute-
rungen zu'~ Publikation des Schenkungsinventars vom
Jahre i5/6, die vornehmlich die einzelnen Handschriften-
bestände als solche berücksichtigten, konnte auf diese Be-
richte nur kurz verwiesen werden. Hier aber, wo wir
die Mission Montanos eingehender ins Auge zu fassen
haben, finden sie als sehr anschauliche Belege für die
ausgebreitete und umsichtige Sammlertätigkeit dieses
Gelehrten sowie für die Art, wie er die wissenschaft-
lichen Interessen mit den praktischen und ökonomischen
Zu vereinigen wußte, wohl ihren Platz-

Zur Erläuterung der ersten im nachfolgenden re-
produzierten Stelle sei bemerkt, daß Montanos Schilde-
runo von dem verwahrlosten Zustande der niederländi-
schen Klosterbüchereien mit anderen Nachrichten, die
wir hierüber besitzen, im Einklang steht. Diese Ver-
hältnisse ergaben sich als Folge der damaligen religiösen
Wirren und luden förmlich dazu ein, die dem königlichen
Kommissär übertragene Erwerbungsmission in der an-
gedeuteten diplomatischen Weise zu beginnen, die auch
von Seite des &duque» — hier ist natürlich Alba gemeint
— volle Billigung fand.

Die Stelle lautet:

El ottono passado, comence d hazer visita por las
librerias de las abbadias destos Estados, y halle mucho
destroco hecho en libros originales, que por negligencia
se havian perdido y vendido a libreros y enquaderna-
dores en estos afios passados; y estos eran en todas
facultades, y cada dia se disminuyan mas. Y entendl
del ingenio de la gente de por aeä, que, se le pediesse
alguna persona grave un solo libro, el menor de todos,
comprado 6 prestado, no lo darian, pensando ser algun
grande thesoro, y, por otra parte, vi que havian vendido
6 perdido grandes piecas de buenos autores.

Acorde diferir el cumplimiento de la visita hasta
hazer una diligencia que no me ha succedido mal, de
que el duque estä muy contento: y fue dissimuladamente
embiar ä los libreros comarcanos de los monasterios,
 
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