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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Jahrbuch der K. K. Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — N.F. 2.1904

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Nr. 1
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Szombathy, Josef: Neue diluviale Funde von Lautsch in Mähren
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https://doi.org/10.11588/diglit.29296#0012

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Neue diluviale Funde von Lautsch in Mähren

Die in einer kleinen Insel des mährischen
Devonkalkes zirka 4-5 km westlich von Littau gele-
genen Lautscher Höhlen haben bereits ansehnliche
Mengen diluvialer Funde geliefert. Die wichtigste
dieser Höhlen ist die auf der S-Seite des Hügels
„Tresin“ unmittelbar am W-Ende von Lautsch
gelegene, überaus reich verzweigte. Schon zur
Zeit ihrer Entdeckung x) wurden in ihr Nach-
grabungen vorgenommen und „Tierknochen aus
der Urzeit“ resp. „eine Menge mit Tropfstein
überzogener Knochen“ gefunden. Doch blieb von
den Fundplätzen der Höhle noch genug unbe-
rührt, um mir in den Jahren 1881 und 1882 eine
Ausbeute von zahlreichen diluvialen Säugetier-
knochen, wertvollen Skelettresten des diluvialen
Menschen und mehreren paläolithischen Artefakten
zu gestatten.* 2) Die Kosten dieser Ausgrabung
trug zum größten Teile der regierende Fürst
Johann von und zu Liechtenstein; die Funde wurden
der prähistorischen Sammlung des k. k. natur-
historischen Hofmuseums einverleibt. Von den
früheren Funden scheint kein authentisches Stück
erhalten geblieben zu sein.

Was den Namen dieser Höhle anbelangt, so
kommt in den ersten Berichten3) keine Namens-
angabe vor. Auch zu Beginn der achtziger Jahre
konnte ich von niemandem einen besonderen orts-
üblichen Namen erfahren. Ich fand mich dadurch

b Wolny, Die Markgrafschaft Mähren, V, Olmtitzer
Kreis (1839), S. 166, gibt dafür das Jahr 1826 an, während
J. G. Sommer, Monatschr. d. Ges. d. vaterl. Mus. in
Böhmen III (1829) 325, den 24. Dezember 1828 als Ent-
deckungstag bezeichnet.

2) Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss., I. Abt., LXXXV
(1882) 99, und LXXXVII (1883) 169.

3) Wolny a. O., Sommer a. O., Braumüller, Mitth.d. k.k.
mähr.-schles. Ges. XVI (1829) 47; (Prof. Nestler?) Die Kalk-
höhlen bei dem Dorfe Lautsch, ebenda XVIII (1830) 108
und 140, Mähr. Wanderer 1835 S. 67.

sozusagen gezwungen, einen Namen zur Unter-
scheidung von anderen benachbarten Höhlen ein-
zuführen und wählte mit besonderer Genehmigung
des durchlauchtigsten Besitzers die Bezeichnung
„Fürst Johanns-Höhle“.

Über das weitere Schicksal dieser Höhle und
über die Auffindung diluvialer Funde in ihrer
Nachbarschaft liegen der Z. Iv. zwei sehr dankens-
werte Berichte des Konservators Dr. Johann
Smycka, Stadtarztes von Littau, vor. Dem einen
derselben, vom 10. Mai 1. J., entnehmen wir fol-
gendes:

„In den späteren Jahren hat auch die Fürst Liechten-
steinsche Gutsverwaltung in den Tropfsteinhöhlen der
„Bockova dira“ (Fürst Johanns-Höhle) graben lassen und
die prähistorischen Funde in dem neuerrichteten Fürst
Liechtensteinschen Museum zu Aussee, Bezirk Hohenstadt,
Mähren, aufbewahrt.

„Im Jahre 1900 besuchte Professor Karl Absolon aus
Prag die Höhle und machte seine Führer darauf aufmerk-
sam, daß die Höhlen sich noch weiter verzweigen und
auch in Verbindung mit einer unteren Etage stehen
dürften. Die Führer bemühten sich dann, diese neuen
Tropfsteinhöhlen zu entdecken, was ihnen auch im Februar
1902 gelang. Zu diesen neuen Höhlen ist der Eingang aus
den Räumen der „Bockova dira“. Als die Nachricht von
den neu entdeckten Höhlen in die Öffentlichkeit gelangte,
vermehrte sich wieder der Besuch der Höhlen. Inzwischen
entbrannte ein Streit bezüglich der Höhlen zwischen der
Fürst Liechtensteinschen Gutsverwaltung und dem Eigen-
tümer des Ackergrundes oberhalb der Höhlen auf dem soge-
nannten „Plavatisko“, welcher Eigentum einiger Bauern von
Lautsch ist, während der übrige Teil des „Tresin“ Eigentum
des Fürsten ist. Die Folge davon war, daß der Eigentümer
jenes Ackergrundes, Johann Nevrly, von seinem Grunde
aus einen neuen Eingang in die Höhle graben ließ und
den alten vom fürstlichen Grunde aus hinein führenden
zumauerte. Auf diese Art sind diese Höhlenräume das
Privateigentum eines Bauers geworden, der sie auch in
den neuen Partien zugänglich gemacht hat und bestrebt
ist, weitere neue Höhlen zu entdecken. Der Besitzwechsel
datiert vom April 1902.
 
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