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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Editor]
Jahrbuch der K. K. Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — N.F. 2.1904

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Nr. 1
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Kenner, Friedrich von: Römische Funde in Wien aus den Jahren 1901 bis 1903
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https://doi.org/10.11588/diglit.29296#0059

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Römische Funde in Wien aus den Jahren 1901 bis 1903

Im Laufe der Jahre igoi bis 1903 haben die Ver-
breiterung der Hohen Brücke, die Anlage neuer
Kanäle, Niveau-Regulierungen und der Um- und
Neubau von Häusern zu römischen Funden geführt,
welche zwar, wie es in Wien stets der Fall ist,
nur Einzelheiten des topographischen Bildes der
römischen Niederlassung betreffen, aber an Wichtig-
keit den Funden der Vorjahre nicht nachstehen.
Sie werden im folgenden nach den Berichten ver-
zeichnet, die der Inspektor der städtischen Aus-
grabungen und Korrespondent der k. k. Z. K.,
Herr Nowalski de Lilia, erstattete und mit den hier
benutzten Plänen und Abbildungen versah; daß er
sich hiebei der freundlichen Unterstützung der
archäologischen Kommission des Gemeinderates
und des Stadtbauamtes, dessen Direktors Herrn
Oberbaurat Berger, der Herren Bauräte Fleisch-
mann, Greil, Kindermann und Stein sowie des Ober-
ingenieurs Herrn Emil Bistritschan, ferner der
Oberinspektoren Herren Hebsacker und Menzel, des
Inspektors Erich und der Ingenieure Fellner,
Härdtl und Kolowsky erfreute, endlich von seiten
des Herrn Architekten k. k. Baurates Gerl viel-
fache Förderung erfuhr, soll hier mit besonderem
Danke erwähnt werden.

(Bauinschrift aus dem Standlager). Bau-
inschriften sind für die Geschichte eines Standlagers
von großem Werte. Bisher waren von jenem in
Vindobona ihrer zwei bekannt; eine im Hause des
Dr. Lazius im XVI. Jh. gefundene nennt eine Zen-
turie der vierzehnten Legion1) als Erbauerin
eines Teiles der inneren Umfangsmauer, welche
auf der oberen Kante des Steilrandes sich erhob,
wogegen die zweite, im Jahre 1902 am Bergei
Nr. 2 ausgehobene, eine Zenturie der dreizehnten

Legion1) namhaft macht, die nach der Fundstelle zu
schließen die dort in der Tat Vorgefundene untere,
äußere Umfangsmauer erbaut hat.

Dazu kommt noch eine dritte, im Herbste 1903
wieder entdeckte Bauinschrift, die gleichfalls die
südöstliche Umfangsmauer des Standlagers betrifft.
Sie ist in einen Quader eingehauen, der als Bau-
stein in dem gegen die Rotenturmstraße hin
stehenden Heidenturme des St. Stephansdomes
unter dem Gewölbe eingemauert ist. Die Inschrift
lautet nach Fig. 94:

LEGX1111 CE /
MARWjC

; oha/T- .

■’VT-EXPECT

Fig. 94 Bauinschrift aus dem linksseitigen Heidenturme
von St. Stephan

Legiionis) XIIII gieminae) | Maritiae) Vic(tri-
cis) | cok[ortis) VI | (centuria) Rut(ili) Expect(ati)

Sie gibt also nicht bloß die Zenturie, sondern
auch die Kohorte und Legion an, zu der
letztere gehörte. Der Quader ist so eingemauert,
daß die Inschrift zwar sichtbar, aber verkehrt (die
erste Zeile nach unten) erscheint. Dieser Umstand
und die Dunkelheit des Raumes mögen die Ur-
sache sein, daß sie lange unbeachtet blieb. Erst
Dombaumeister Ernst (f 1862) beachtete sie und
ließ einen Gipsabguß herstellen, den Herr Nowalski

b CIL III 4578.

b Mitt. 1903 Sp. 38.
 
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