E. Schmidel Zur Geschichte der Künstlerfamilie Allio
276
275
und der Chierurgie Academie zu besorgen haben
wird, wovon die Plane, so unter Einem hier bey-
liegen, demselben gleichfalls zu übergeben sind.“ —
Von Isidor Canevals nachweislichen Bauten
darf wenigstens das Josephinum als eine künst-
lerische Leistung gelten, deren historische Be-
deutung namentlich darin besteht, daß sie das
französische Anlageschema in Wien einzubürgern
gesucht hat, wo man sich sonst allezeit spröde
gegen den französischen Einfluß gezeigt und da-
für den italienischen Barockgeschmack bevorzugt
hat. Wenn also hinsichtlich der höheren künst-
lerischen Qualitäten jener „Maurer- und Baumeister“
des Namens Canevale im XVII. Jh. begründete
Bedenken obzuwalten schienen, sind solche Quali-
täten dem letzten nachweisbaren Wiener Caneval,
dem Hofarchitekten des Kaisers Joseph, billiger-
maßen nicht abzusprechen.
Alexander Hajdecki
Oberösterreich
Zur Geschichte der Kiinstlerfamilie
Allio
Im Familienarchive der Grafen v. Lamberg
im Schlosse zu Steyr befindet sich ein Akt mit der
Aufschrift „Bezahlte Auszügl von denen hand-
werksleuten so bei dem Capucinerkloster allhier
zu Steyr (welches Herr Georg Sigmund frey-
herr von Lamberg gebaut hat) gearbeittet haben,
anno 1617“.
Der Akt enthält 130 Zettel, auf welchen P.
Dominicus vom Orden der Kapuziner in den
Jahren 1616 und 1617 den genannten Freiherrn
v. Lamberg um Auszahlung' für beim Baue des
Klosters geleistete Arbeiten und gemachte An-
käufe bittet.
Unter jenen 130 Rechnungen sind 3 von be-
sonderem Interesse. In einer bestätigt Andre Alio
in italienischer Sprache den Empfang von 200 fl.
mit den Worten: Io Andre Alio confermo quanto
di sopra. Die zweite ist eine Anweisung- vom
22. März 1617 für den „polier Andreas“; die dritte
vom 15. April 1617 lautet: „Wol geborner gnädiger
Herr bitt wollen dem Meister Andre polier auf
Raittung' 100 f. erfolgen lassen.“ Es ist demnach
kein Zweifel, daß ein Andrea Allio Baumeister des
Kapuzinerklosters gewesen ist. Mit jenem Andrea
de Lalio, der nachlLG1) in den Jahren 1554—1555
zu Marburg und Rann tätig war, kann der nun
in Steyr zum Jahre 1617 nachgewiesene gleich-
namige Künstler nicht identisch sein, zumal auch
seine Schrift auf der Quittung keineswegs jene
eines Greises ist. Es erscheint uns somit durch die
erwähnten Rechnungen die Tätigkeit eines bisher
unbekannt gebliebenen Mitgliedes der Familie
Allio bezeugt, und zwar in einer Stadt, in welcher
bisher nur Werke einer anderen Künstlerfamilie
oberitalienischer Herkunft -— jener der Carlone —
nachgewiesen sind.1)
Leider ist es heute nicht mehr möglich, sich
ein Urteil über die künstlerischen Fähigkeiten des
neuentdeckten Meisters zu bilden. Das Kapuziner-
kloster wurde im Jahre 1786 aufgehoben, später
in eine moderne Villa umgestaltet; heute scheint
davon nur ein kümmerlicher Rest — eine gegen-
wärtig vermauerte, ursprünglich gegen einen Garten
geöffnet g'ewesene Halle — erhalten zu sein. Die
Kirche ist bereits vor längerer Zeit verschwunden;
vorhandene Abbildungen des Äußern zeigen die
schlichte schmucklose Form der Kapuzinerkirchen.
1) Ilg, Mitteil, der k. k. Z. K. 1879, S. 57. — Dagegen
könnte der im vorstehenden Aufsatze von Alex. Hajdecki
über Die Wiener Bau- und Maurermeister des Namens
Caneval Sp. 260 f. an der Hand von Urkunden aus dem
Jahre 1645 genannte Maurermeister Andrea Allio mit dem
im Jahre 1617 zu Steyr tätig gewesenen ganz wohl iden-
tisch sein.
b Mitteilungen des Altertumsvereines XXIII 1885,
S. 115.
Konservator E. Schmidel
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und der Chierurgie Academie zu besorgen haben
wird, wovon die Plane, so unter Einem hier bey-
liegen, demselben gleichfalls zu übergeben sind.“ —
Von Isidor Canevals nachweislichen Bauten
darf wenigstens das Josephinum als eine künst-
lerische Leistung gelten, deren historische Be-
deutung namentlich darin besteht, daß sie das
französische Anlageschema in Wien einzubürgern
gesucht hat, wo man sich sonst allezeit spröde
gegen den französischen Einfluß gezeigt und da-
für den italienischen Barockgeschmack bevorzugt
hat. Wenn also hinsichtlich der höheren künst-
lerischen Qualitäten jener „Maurer- und Baumeister“
des Namens Canevale im XVII. Jh. begründete
Bedenken obzuwalten schienen, sind solche Quali-
täten dem letzten nachweisbaren Wiener Caneval,
dem Hofarchitekten des Kaisers Joseph, billiger-
maßen nicht abzusprechen.
Alexander Hajdecki
Oberösterreich
Zur Geschichte der Kiinstlerfamilie
Allio
Im Familienarchive der Grafen v. Lamberg
im Schlosse zu Steyr befindet sich ein Akt mit der
Aufschrift „Bezahlte Auszügl von denen hand-
werksleuten so bei dem Capucinerkloster allhier
zu Steyr (welches Herr Georg Sigmund frey-
herr von Lamberg gebaut hat) gearbeittet haben,
anno 1617“.
Der Akt enthält 130 Zettel, auf welchen P.
Dominicus vom Orden der Kapuziner in den
Jahren 1616 und 1617 den genannten Freiherrn
v. Lamberg um Auszahlung' für beim Baue des
Klosters geleistete Arbeiten und gemachte An-
käufe bittet.
Unter jenen 130 Rechnungen sind 3 von be-
sonderem Interesse. In einer bestätigt Andre Alio
in italienischer Sprache den Empfang von 200 fl.
mit den Worten: Io Andre Alio confermo quanto
di sopra. Die zweite ist eine Anweisung- vom
22. März 1617 für den „polier Andreas“; die dritte
vom 15. April 1617 lautet: „Wol geborner gnädiger
Herr bitt wollen dem Meister Andre polier auf
Raittung' 100 f. erfolgen lassen.“ Es ist demnach
kein Zweifel, daß ein Andrea Allio Baumeister des
Kapuzinerklosters gewesen ist. Mit jenem Andrea
de Lalio, der nachlLG1) in den Jahren 1554—1555
zu Marburg und Rann tätig war, kann der nun
in Steyr zum Jahre 1617 nachgewiesene gleich-
namige Künstler nicht identisch sein, zumal auch
seine Schrift auf der Quittung keineswegs jene
eines Greises ist. Es erscheint uns somit durch die
erwähnten Rechnungen die Tätigkeit eines bisher
unbekannt gebliebenen Mitgliedes der Familie
Allio bezeugt, und zwar in einer Stadt, in welcher
bisher nur Werke einer anderen Künstlerfamilie
oberitalienischer Herkunft -— jener der Carlone —
nachgewiesen sind.1)
Leider ist es heute nicht mehr möglich, sich
ein Urteil über die künstlerischen Fähigkeiten des
neuentdeckten Meisters zu bilden. Das Kapuziner-
kloster wurde im Jahre 1786 aufgehoben, später
in eine moderne Villa umgestaltet; heute scheint
davon nur ein kümmerlicher Rest — eine gegen-
wärtig vermauerte, ursprünglich gegen einen Garten
geöffnet g'ewesene Halle — erhalten zu sein. Die
Kirche ist bereits vor längerer Zeit verschwunden;
vorhandene Abbildungen des Äußern zeigen die
schlichte schmucklose Form der Kapuzinerkirchen.
1) Ilg, Mitteil, der k. k. Z. K. 1879, S. 57. — Dagegen
könnte der im vorstehenden Aufsatze von Alex. Hajdecki
über Die Wiener Bau- und Maurermeister des Namens
Caneval Sp. 260 f. an der Hand von Urkunden aus dem
Jahre 1645 genannte Maurermeister Andrea Allio mit dem
im Jahre 1617 zu Steyr tätig gewesenen ganz wohl iden-
tisch sein.
b Mitteilungen des Altertumsvereines XXIII 1885,
S. 115.
Konservator E. Schmidel