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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Jahrbuch der K. K. Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — N.F. 2.1904

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Nr. 2
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Kunsttopographische Notizen
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Deininger, Joh. W.: Kunstdenkmale im Villnösser Tale
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https://doi.org/10.11588/diglit.29296#0315

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J. Detninger KLunstdenkmale im Villnösser Tale

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Spitzbogenfenstern an der Südseite des Schiffes
und am Presbyterium kein Maßwerk besitzt.

Ein von Staffler (Tirol und Vorarlberg II. 997)
erwähnter Stiftsbrief, gefertigt am St. Gallentage
des Jahres 1394 benennt die vier Kirchen des
Tales: St. Peter, St. Magdalena, St. Jakob und
St. Valentin. Die Bauformen, die das St. Valentins-
kirchlein heute noch aufweist, entsprechen zufällig
genau der Zeit, in welcher jener Brief verfaßt wurde;
nur der massive Turm weist mit seinem hohen, in
Stein erbauten vierseitigen Pyramidenhelme und
insbesondere mit den dreiteiligen Rundbog*en-
fenstern am Glockenhause, deren Kämpfer von
Säulen mit Würfelkapitälen getragen werden, auf
eine frühere Bauperiode hin. Am Frohnbogen
befinden sich die Jahreszahlen: „1745 R. V. 1877^
die sich offenbar auf zwei Renovierungen be-
ziehen. Um 1877 scheinen nur unbedeutende
Arbeiten solcher Art ausgeführt worden zu sein;
dagegen stammt der gegenwärtige, etwas niedriger
als ehedem aufgeführte Dachstuhl wahrscheinlich
aus dem Jahre 1745.

An der Südfront der Kirche befindet sich auf dem
der Giebelfassade zunächst gelegenen Wandfelde
eine im italienisch-mittelalterlichen Charakter al
fresco gemalte St. Christophfigur, welche unmittel-
bar nach der Vollendung des Kirchenbaues ent-
standen sein dürfte. Über einer kleinen, rund-
bogig'en Türe an der Südfront des Schiffes, nächst
dem Presbyterium, bemerkt man ein vortreff-
lich ausgeführtes Freskog*emälde St. Georgs des
Drachentöters aus dem XVI. Jh., darüber Maria
mit dem Jesukinde, zwischen den Heiligen Gregor
und Valentin in Temperamalerei, vermutlich aus
der Zeit der ersten Renovierung dieser Kirche
um 1745.

Im Presbyterium ist noch der alte gotische
Flügelaltar, von dem leider die Predella fehlt, er-
halten geblieben. Der Altarschrein ist durch reichen,
besonders zierlich und kunstvoll durch gebildeten
Architekturschmuck ausgezeichnet. Das Mittelstück
bildet eine von drei einfach nach innen ge-
schweiften Wimpergen mit zarten Fialen über-
dachte Nische, in welcher eine Vollfigur der Ma-
donna mit dem Jesukinde thront. In den zu beiden
Seiten der Mittelgruppe angebrachten Nischen
befinden sich Statuetten der Heiligen Valentin
und Bonifatius unter Baldachinen mit von schlanken

Säulchen getragenen Kielbogen. Die Altar-
flügel sind mit Relieffiguren, welche bis zu 2/3
ihrer Höhe einen grünen Grund und darüber
einen gemusterten Goldgrund zeigen, geziert.
Links oben gewahrt man eine Szene aus dem
Leben der heiligen Helena und darunter die Hei-
ligen Florian und Georg, letztere mit dem Schwerte
auf dem getöteten Drachen stehend. Der rechte
Flügel enthält oben das Relief einer Heiligen
mit Buch und Krone und der heiligen Barbara,
darunter die Heiligen Martin und Michael. Der
zierlich durchbrochene Aufsatz über dem Altar-
schreine zeigt im Mittelfelde den gekreuzigten
Heiland zwischen Maria und Johannes und an den
Ecken zwei Heiligenbüsten.

Dieser Altar ist größtenteils auch in seiner
ursprünglichen Bemalung* und Vergoldung* gut
erhalten. Wenngleich die künstlerische Durch-
bildung des figuralen Teiles jener an den archi-
tektonischen Details nicht die Wage halten kann,
repräsentiert doch das ganze Schnitzwerk in seiner
edlen und harmonischen Gesamtwirkung eine
sehr bemerkenswerte Arbeit aus dem Beginne
des XVI. Jh.

Auf der Anhöhe nördlich von St. Valentin
liegt die Ortsgemeinde St. Jakob. Das gleich-
namige einschiffig*e Filialkirchlein daselbst stammt
in seiner gegenwärtigen Gestalt, den gotischen
Bauformen nach, aus der Mitte des XV. Jh.

Der nach Osten gerichtete Chor, hier nicht
durch einen Frohnbogen vom .Schiffe getrennt,
ist in drei Achteckseiten abgeschlossen und steht
an der Nordseite mit dem quadratisch angelegten
Turmkörper in Verbindung. Die Gesamtlänge be-
trägt 12 m, die Breite 8*40 in. Die Decke bildet
ein reiches Netzgewölbe mit Hohlkehlenrippen, die
in einfache, nach unten abg*espitzte Wandkonsolen
mit fünf Achteckseiten auslaufen. Als Öffnungen
fungieren hohe Spitzbogenfenster mit Stab- und
Maßwerk und zwei Portale, ferner ein Spitzbogen-
portal an der Giebelfront mit einem Rundfenster
ohne Maßwerk darüber, am Gewände nur durch
eine Hohlkehle mit Plättchen gegliedert und
etwas kleiner als ein zweites, gleich dem vorge-
nannten aus Porphyr hergestelltes Portal, das
nahezu inmitten der Südfront durchgebrochen ist
und eine reichere Profilierung aufweist. Strebe-
pfeiler sind nicht vorhanden.
 
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