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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 6.1891

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Winnefeld, Hermann: Tusci und Laurentinum des jüngeren Plinius
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https://doi.org/10.11588/diglit.37650#0227
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Winnefeld, Tusci und Laurentinum des jüngeren Plinius. 217

die Sonne vom ersten bis zum letzten Augenblick des Tages zu geniefsen und eine
ausgiebige Aussicht auf das Meer sowohl wie auf die Gärten und die Küsten-
landschaft.
Auffällig ist das Fehlen jeder Erwähnung von Kunstwerken auch bei der
Beschreibung von Räumlichkeiten, die wie dieses Casino mit der liebevollsten Aus-
führlichkeit geschildert werden, während Trümmerstätten römischer Villen doch zu
den ergiebigsten Fundstellen antiker Bildwerke zu gehören pflegen. Plinius hat für
solche sehr wenig Sinn gehabt und in P'olge dessen, wenn er überhaupt Derartiges
zum Schmuck seiner Villen anbrachte, keine grofsen Summen darauf verwendet
und auf die dadurch erzielte Wirkung kein Gewicht gelegt. In einem Briefe an
Annius Severus (III, 6) gesteht er seine Unkenntnis auf diesem Gebiete mit einer
Rückhaltlosigkeit ein, die bei dem so eiteln Manne überraschen mufs (§ 1), und ver-
sichert, dafs er selbst keinerlei Bildwerk aus Erz besitze und die Erzstatue eines
nackten Greises23, die er eben aus einer Erbschaftssumme gekauft habe, lieber zum
Schmuck eines Tempels als seines eigenen Hauses verwenden wolle (§ 4). Und einen
anderen Brief, in welchem er demselben Gallus, an welchen die Beschreibung des
Kaurentinum gerichtet ist, den vadimonischen See schildert (VIII, 20), schliefst Plinius
mit den Worten nam te quoque ut ine nihil aeque ac naturae Opera delectant.
Dem entspricht, dafs ihm als Hauptschmuck, der einer Villa zuteil werden kann,
Wasserkünste aller Art erscheinen. In wie ausgedehntem Mafse er von solchen in
den Tusci Gebrauch machte, ist oben in deren Beschreibung gelegentlich erwähnt;
dafs er im Laurentinum aus Mangel an laufendem Wasser darauf verzichten mufstc,
empfindet er als einen recht wesentlichen Mangel dieses sonst so vollkommenen
Landsitzes (II, 17, 25). Übrigens folgte er, wie es scheint, auch hierin nur dem Zeit-
geschmack: in der Villa des Hadrian ist kaum ein Prunkraum, in welchem die
Reste von Wasseranlagen fehlen, und zahlreich sind sie durch Gärten und Höfe
verstreut.
Die Schlufsfrage, wie Plinius seine so beschaffenen Villen benützte und die
Tage seines Landaufenthaltes einteilte, beantwortet er selbst in zwei Briefen an
Fuscus (IX, 36. 40) so klar und bündig, dafs ein einfacher Hinweis auf diese Briefe
hier genügt; nur mag bemerkt sein, dafs man aus den gelegentlichen Andeutungen
in andern auf den Landsitzen selbst geschriebenen Briefen24 wohl zu dem Schlüsse
kommen kann, dafs im Allgemeinen Spazierritte, Jagd, Schifffahrt und Fischfang
doch eine etwas gröfsere und das Studium eine etwas kleinere Rolle in seinem
Landleben gespielt haben mag, als er seinen PTeuncl und die bewundernde Nach-
welt in jenen beiden Briefen glauben machen möchte.
Berlin. H. Winnefeld.

23) Man erinnert sich unwillkürlich an Werke wie hierher Ep. II, 8; V, 18; VI, 24; IX, 20, vor
den Fischer der Galleria dei Candelabri (Mus. allem auch III, 1 die Beschreibung der Lebens-
Pio-Clem. III, 32 Clarac 879, 2244). weise des Spurinna, welche Plinius III, 1, 12 als
24) Aufser den Anrn. 21 angeführten Stellen gehören seinen eigenen Wünschen im höchsten Mafse
entsprechend bezeichnet.

Jahrbuch des archäologischen Instituts VI.
 
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