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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 6.1891

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Dümmler, Georg Ferdinand: Zu den Vasen aus Kameiros
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https://doi.org/10.11588/diglit.37650#0273
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ZU DEN VASEN AUS KAMEIROS
Die jüngst in den Athenischen Mittheilungen XVI S. 107—118 von Selivanov
bekannt gemachten rhodischen Inschriften fordern dazu auf, die Akten für die Ge-
schichte des rhodischen Alphabets einer erneuten Prüfung zu unterwerfen, obwohl
sie lediglich bestätigen, was schon aus den bisher bekannten Daten zu erschliefsen
war. Eine genauere Datierung dieser neuen Inschriften ist nicht möglich, doch
lassen weder die Buchstabenformen noch die zu denselben Gräbern gehörigen
Terracotten (S. 109) es räthlich erscheinen, sie unter das sechste Jahrhundert herab-
zurücken, bei der frühen Culturentwicklung der Insel brauchen sie nicht einmal den
letzten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts anzugehören. Die Schrift der Steine stimmt'
im wesentlichen überein mit den bisher bekannten Graffiti von Gefäfsen aus der
Nekropole von Kameiros Journal of Hell. sind. VI S. 371 ff- I- G. A. 473\ nur dafs
diese bereits etwas jüngere Buchstabenformen zeigen (H statt B), und stimmt in den
wesentlichen Punkten auch mit dem Alphabet von Gela und Akragas überein; alle
diese Denkmäler gehören zur westlichen Alphabetgruppe. Es ist mir danach durch-
aus wahrscheinlich, dafs dies Alphabet in Rhodos von der Reception der Schrift
überhaupt bis zur Annahme des ionischen Alphabets, welche im V. Jahrhundert
erfolgt sein wird2, geherrscht hat. Die Gründe, aus welchen Kirchhoff, Alphabet4
S. 47 ff., eine verwickeltere Geschichte des rhodischen Alphabets construiert, scheinen
mir nicht durchschlagend. Er folgert aus den Söldnerinschriften von Abu Simbel,
auf welchen auch Ialysier erscheinen, dafs * gegen Ol. 40 auf Rhodos bereits das
ionische Alphabet in Gebrauch gewesen sei. Wenn dies richtig wäre, so würde
schwer verständlich sein, warum die Rhodier später noch einmal ein unzweckmäfsi-
geres Alphabet sich angeeignet hätten. Aber es steht ja gar nicht fest, dafs jene
Söldner die Schrift aus ihrer Pleimat mitbrachten, dafs sie nicht erst beim Militär
schreiben lernten, oder sich der bei dem internationalen Corps officiell anerkannten
Schrift bedienten. Für die Schreibweise auf Rhodos selbst folgt meines Erachtens
aus jenen Inschriften so wenig etwas, wie aus den delischen und attischen Inschrif-
ten des Archermos für die Schreibweise von Chios. Diese erste Reception des
ionischen Alphabets auf Rhodos würde also zu streichen sein.
Vor dieser ersten ionischen Phase des rhodischen Alphabets soll auf der
Insel das argivische Alphabet in Gebrauch gewesen sein. Das einzige Argument,

9 Sicher ist dies allerdings nur von der Inschrift
II auf S. 110 durch das Wort AE€VA, — das
übrigens nicht mit dem Herausgeber als Eigen-
name sondern als Bezeichnung der Grabnische
zu fassen ist — wodurch dann auch erhellt,
dafs in flPAXSiOAO nicht gemeint ist.

Es ist aber kein Grund vorhanden, das Alphabet
der wenig älteren Inschrift III S. 113 anders
zu beurtheilen und diese gar mit dem Heraus-
geber vor das Ende des VII. Jahrhunderts zu
setzen.
2) Vgl, Inschr. I a. a. O. S. 107.
 
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