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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 10.1895

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Pernice, Erich: Über die mittleren Metopen der Südseite des Parthenon
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https://doi.org/10.11588/diglit.39190#0123
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Pernice, Über die mittleren Metopen der Südseite des Parthenon.

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XIII noch bei XXI den Eindruck, als ob sie auf der Flucht in Unordnung geraten
wären, sie sitzen vielmehr sehr gut und sind vollkommen in Ordnung7. Aus der
Bewegung der Füfse aber auf die »Unruhe nach der Flucht« zu schliefsen, erscheint
namentlich bei Carrey’schen Zeichnungen doch etwas zu gewagt; ich wiifste überhaupt
keine Fufsstellung, welche geeignet wäre, etwas derartiges lebhaft zum Ausdruck zu
bringen. Vor allem aber — denn die vorgebrachten Dinge sind ja ganz neben-
sächlich — hätte der Künstler seine Absicht so undeutlich gemacht wie nur möglich.
Bei Metope XXI, gesetzt, sie gehörte mit der Kentauromachie zusammen, wäre
wenigstens durch das Götterbild ein Zielpunkt der Flucht gegeben; die beiden Frauen
von XIII hingegen irren ziellos umher und man erfährt auch nicht, etwa durch eine
Rückwendung des Kopfes einer der beiden, von wo sie gekommen sind; das würde die
Scene für den Beschauer sehr verdeutlicht haben. Aber nun macht doch die Frau
zur Linken ganz deutlich eine Bewegung nach links, sie ist, wie Michaelis ganz
richtig bemerkt und wie Rofsbach vergeblich bestreitet, im Begriff fortzugehen,
gerade auf die Kentauren los, vor denen sie soeben geflohen sein soll. Alles das
spricht so klar gegen Rofsbach, dafs wir diesen Teil seiner Deutung auf sich be-
ruhen lassen können. Wer die beiden Figuren unbefangen betrachtet, wird niemals
den Eindruck haben, dafs sie mit den Kentauren zusammengehören8.
Was aber an der Darlegung Rofsbachs wichtig ist, das ist die Erkenntnis,
dafs die Figur zur Rechten in Metope XIII weiblich ist, nicht männlich. Mit Recht
wird auf die Frau in Metope XXII hingewiesen, deren Brust ebenfalls durchaus

7) Nur hat man sich das Gewand vorzustellen, wie
es beispielsweise die Frauen auf der rotfigurigen
Schale bei Gerhard, Auserlesene Vasenbilder
Taf. 305 — 306,1 tragen, oder das Mädchen
ebenda Taf. 300 rechts.
8) Ich benutze die Gelegenheit, um einen merk-
würdigen Irrtum zu berichtigen, den Rofsbach
am Schilds seines Aufsatzes begangen hat. Es
heifst da: »Ebenso finden wir auf der Nordseite
keine völlige Regelmäfsigkeit, indem von zwölf
und elf aus anderen Mythenkreisen entlehnten
Scenen neun Kentaurenmetopen eingeschlossen
werden«. Von neun Kentaurenmetopen an der
Nordseite kann aber gar keine Rede sein. Es
handelt sich um die Zeichnungen von d’Otieres,
welche Bröndsted, den Rofsbach für diese That-
sache citirt, alle der Nordseite zuschreibt. Von
diesen neun Kentaurenmetopen lassen sich aber
sechs trotz wunderlicher Abweichungen doch
sicher mit den östlichsten Südmetopen XXVII
bis XXXII identificiren, wie Michaelis, Parthe-
non S. 98 erwiesen hat. Es bleiben also für
die Nordseite zunächst nur drei Kentauren-
metopen übrig, nämlich Michaelis Taf. IV, B.C.E.
Diese drei auf der Nordseite anzusetzen bewog
Michaelis der Umstand, dafs sie zusammen auf

einem und demselben Blatt mit einer Metope
gezeichnet sind, die ganz sicher der Nordseite
angehört. Das beweist aber an und für sich
nichts und von Kentaurenmetopen an der Nord-
seite ist auch nicht der geringste Rest gefunden
worden; es ist auch nicht wahrscheinlich, dafs
an der Nordseite in kleinerem Umfange die selbe
Kentaurenschlacht wiederholt war, wie an der
Südseite. Wenn man aber nun die drei Zeich-
nungen d’Otieres’ mit den Südmetopen V. VI. VII
vergleicht, so wird man erstlich finden, dafs die
Richtung der Kentauren jedesmal die gleiche ist.
Dann aber läfst sich Metope V der Südseite mit
d’Otieres B ohne jede Schwierigkeit identificieren
(die Bewegung der Hinterbeine ist von d’Otieres
gerade so verändert wie z. B. bei Metope XXVIII);
das ist für die beiden anderen Metopen gravie-
rend und ich bin fest überzeugt, dafs die Me-
topen VI und VII = d’Otieres’ C und E sind;
es fehlen freilich die Gegner, welche das Ori-
ginal aufweist, aber bei der Gedankenlosigkeit,
mit der die Blätter gezeichnet sind (»teilweise
aus dem Gedächtnis hingeworfen«, wie Michaelis
annimmt), ist die Identifikation trotzdem nicht be-
denklich. AmNordfries wäre* also überhaupt keine
Metopen mit Kentaurendarstellungen vorhanden.
 
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