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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 13.1898

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Michaelis, Adolf: Hermes Diskobolos?
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https://doi.org/10.11588/diglit.39819#0189
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HERMES DISKOBOLOS?

Im vorigen Heft dieses Jahrbuchs, S. 57 ff., hat G. Habich den Versuch ge-
macht, den Diskoboi der Sala della Biga in den Olymp zu erheben, allerdings auf
Kosten der ausdrucksvollen Schönheit seines Motivs. Es scheint mir der Miihe
werth diesem Versuche sogleich entgegenzutreten. Die Beweisführung beruht auf
der als selbstverständlich betrachteten Voraussetzung, dafs ein Diskoswerfer mit
dem linken Fufs antreten, d. h. den Körper beim Wurf auf dem linken Fufs müsse
ruhen lassen. Aber schon ein Blick auf eine Kegelbahn kann lehren, dafs dies
wenn auch die gewöhnliche, so doch keineswegs die alleinige Stellung ist; für den
antiken Diskoswurf lehrt es ein Blick auf die Tafel zu Kietz’ Abhandlung über den
Diskoswurf bei den Griechen (München 1892), oder auf den myronischen Diskoboi.
Dafs ein Diskoswerfer nach der Beschreibung des Philostratos imagg. 1, 24 beim
Antreten das linke Bein vorgestellt haben müsse, behauptet freilich Kietz S. 23,
aber nur durch Misverständnis seines Gewährsmannes; bei diesem steht τα δεξιάν
σκέλος auf der βαλβίς, während θάτερον τοΐν σκελοΐν schleift — wie schon Welcher im
Commentar zu dieser Stelle S. 352 erkannte und Benndorf in der Wiener Ausgabe
neuerdings wieder betonte, eine blofse Beschreibung der myronischen, auf dem
rechten Fufs ruhenden Statue. Also ist bei der Statue der Sala della Biga Alles
in bester Ordnung und wir brauchen nicht um des Münzstempelschneiders von
Amastris willen, der die Statue für seinen lahmen Hermes misbrauchte, das fein
abgewogene und lebendig durchgebildete Motiv der Wurfvorbereitung mit einem
blofsen Zuschauen zu vertauschen und den Diskos aus dem bezeichnenden, die
ganze Handlung erklärenden Geräthe zu einem müfsigen Epitheton ornans herab-
zusetzen. Wie unmöglich eine solche Deutung unserer Statue ist, mufs Jedem un-
mittelbar klar werden, wenn er sich ihr grade gegenüberstellt, so dafs er den Kopf
von vorn anblickt; Alles an dem Körper ist trotz scheinbarer Ruhe in lebendigster
Spannung, ein Vorbote der bevorstehenden höchsten Kraftanstrengung.
Ein Verdienst von Habichs Untersuchung bleibt der Nachweis, dafs die
rechte Hand mit ihrem ausdrucksvollen Fingerspiel in allen erhaltenen Exemplaren
moderner Ergänzung angehört. Aber die überraschende Behauptung, dafs die vati-
canische Statue »in ihrer vielbewunderten Ponderation an sich [was heifst das?]
recht wohl eine Fortbildung der Kunst des Polyklet darstellen könnte« (S. 64), be-
dürfte wohl einer etwas besseren Begründung, als eines Hinweises auf den alten
Pleinrich Meyer, der bekanntlich keine Statue des Polyklet von Angesicht kannte,
sondern an der citierten Stelle nur die vom polykletischen Doryphoros gebrauchte
Bezeichnung mriliter pner für unseren Diskoboi besonders passend fand. Habichs
Versuch stilistischer Verknüpfung ist ebenso ungewöhnlich, wie die philologische
Jahrbuch des archäologischen Instituts XIII. I3
 
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