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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 14.1899

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Graef, Botho: Zum archaischen Marmorkopf aus der Sammlung Saburoff im Berliner Museum
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https://doi.org/10.11588/diglit.41309#0098
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58 Graef, Zum archaischen Marmorkopf aus der Sammlung Saburoff im Berliner Museum.

ein mit aller Vorsicht, die einem Werke gegenüber am Platze ist, welches man
nicht im Originale kennt. Auffallend ist bei dem Berliner Kopf auch die Art
wie die Ohren ganz flach anliegen, sich so wenig plastisch aus ihrer dunkelen Um-
rahmung loslösen. Das möchte man nicht auf das »Ungeschick« eines so hervor-
ragenden Bildhauers schieben, ist es doch beim Typhon ganz anders. Wir er-
warten nicht, dafs das Ohr von einer dicken fülligen Haarschicht sich stark abhebe,
aber an einem ganz kahl geschorenen Schädel dürfte es wirklich nicht so ankleben.
Eine andere Besonderheit bietet die Haargrenze oben über der Stirn. Ich
habe niemals auch nur einen Augenblick geglaubt, dafs sie so vom Künstler beab-
sichtigt gewesen sei, da weder Kunstwerke noch die Natur ähnliches zeigen. Viel-
mehr erschien es mir stets als selbstverständlich, dafs die von beiden oberen
Stirnecken aus in einfacher Curve verlaufende Plaargrenze in der Mitte zu irgend
einem ZAvecke später ausgeschnitten worden sei. In der That ergab die Unter-
suchung des Originales, dafs die vorausgesetzte ursprüngliche einfach verlaufende
Haargrenze sich oben auf der Stirn noch in einer ganz schwachen aber deutlichen
Spur erhalten hat. Die Spur ist auch am Abgufs und auf Abbildungen erkennbar.
Es ist also in der That von der Haarschicht später etwas fortgenommen worden.
Dies ist aber in so sorgfältiger Weise geschehen, dafs man nicht an eine viel
spätere Verletzung denken kann, sondern eine bald nach der Vollendung des
Kopfes vorgenommene planvolle Zurichtung.
Drittens ist die Oberfläche des Schädels anders bearbeitet, als die des Bartes.
Der Bart ist so hergerichtet, dafs zuerst seine ganze Oberfläche leidlich glatt
angelegt wurde, dieser sind dann mit spitzen Eisen viele kleine Narben beigebracht,
so dafs also zwischen den rauhen Vertiefungen die höheren Stellen glatt stehen
geblieben sind, man erkennt das an beiden Seiten des Backenbartes, besonders gut
aber an der rechten. So wird die Arbeit auch im grofsen Berliner Katalog unter
No. 308 beschrieben. Dagegen ist die Oberfläche des Kopfes niemals glatt ge-
wesen, sie ist nur mit dem spitzen Eisen bis auf ihren jetzigen Zustand gebracht
und dann roh stehen geblieben. Wer hier für den Bart diese sorgfältige und
künstliche, der natürlichen Erscheinung immerhin nahekommende Technik erfand
— denn sie ist ja keineswegs die übliche — der konnte nicht die ganze Schädel-
oberfläche so roh stehen lassen. Bemalt konnte sie auch nicht sein, dazu war sie
zu rauh.
Man könnte für eine derartige Haartracht und Behandlung sich auf die
schöne archaische Grabstele aus der Sammlung Borgia in Neapel berufen; denn
dort ist zwar das Gesicht, wie ich am Originale feststellen konnte, gänzlich über-
arbeitet — wahrscheinlich um Verletzungen auszugleichen -— aber Haar und Bart
schienen mir intakt. Man sieht aber gerade hier ganz deutlich, wie das Haar in
einer dicken Schicht den Kopf umgiebt, dick genug, dafs auch das Ohr wie darin
gebettet erscheint, und der Rand dieser Schicht nach der Stirn zu zeigt kleine
Bogen, also für Löckchen, die gewifs auf dem ganzen Kopf durch Bemalung an-
gedeutet waren. Also eine ganz andere Darstellung des Haares als beim Berliner
 
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