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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 14.1899

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Hartwig, Paul: Die Anwendung der Federfahne bei den griechischen Vasenmalern
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https://doi.org/10.11588/diglit.41309#0158
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14B

Hartwig, Die Anwendung der Federfahne bei den griechischen Vasenmalern.

wir an den Relieflinien der Vasen beobachten können, wesentlich verschieden sind
von denen, die sich bei dem Aufdrücken einer Metallfederspitze zeigen. Hier werden
sich, wenn die Flüssigkeit nachläfst, zwar ähnliche Doppelzüge bilden, aber der
Zwischenraum zwischen diesen parallel laufenden Linien stellt sich immer als ein
wirkliches Vacuum dar, denn nur aus den beiden auseinandergedrückten Hälften
der Federspitze kann der Farbstoff fliefsen. Bei den Linien der griechischen Vasen
ist der Zwischenraum zwischen jenen Parallelzügen jedoch immer mehr oder weniger
mit Farbe ausgefüllt. Die Anwendung eines zweitheiligen Malinstrumentes, wie
unsere metallene Schreibfeder, kann also hier nicht vorausgesetzt werden.
Gelegentlich der Besprechung einer rotfigurigen attischen Lutrophoros hat
Wolters vor einigen Jahren das uns hier beschäftigende Problem berührt (Athenische
Mittheilungen 1891 S. 376). Seinem äufserst subtil beobachtenden Auge fiel aufs
Neue die regelmäfsige Wiederkehr der oben erwähnten Furchungen bei den Relief-
linien auf. »Man könnte geneigt sein«, sagt er, »hier die Spur der öfter ange-
nommenen Reifsfeder zu erkennen, obschon sich Eindrücke eines harten und scharfen
Instrumentes nicht erkennen lassen, selbst nicht da, wo diese feinen Striche über
den Firnifsgrund laufen. Aber diese Doppelung der Striche findet sich nicht nur
bei den geraden Linien, sondern auch bei gebogenen, und vor allem bei solchen,
welche eine unregelmäfsige Schwellung zeigen.« Solche Linien aber, schliefst Wolters,
können nur mit einem feinen Pinsel oder mit einer spitzen Vogelfeder gezeichnet
sein. Zu dieser letzteren Hypothese giebt die Anmerkung einige weitere Aus-
führungen: »Auf diese Möglichkeit machte mich E. Gillieron aufmerksam, indem er
mir zugleich durch einen praktischen Versuch bewies, wie die feinen, an den
Krümmungsstellen rasch anschwellenden Striche ganz besonders leicht bei der An-
wendung einer spitzen, zarten und vor allem elastischen Federfahne (nicht einer aus
dem Kiel geschnittenen Feder) entstehen.«
Ein völlig neues, wenn auch nicht etwa ganz unbekanntes Malinstrument
wird also hier für die griechische Vasenmalerei postuliert und zwar von einem
Manne der Praxis, der die Richtigkeit seiner Vermuthung durch das Experiment
zu beweisen suchte. Schon mehrere Jahre vor dem Erscheinen des Wolters’schen
Artikels — es handelt sich hier durchaus nicht etwa um einen Prioritätsstreit
war ich ebenfalls von einem praktisch thätigen Künstler, dem jetzigen Professor
Friedrich P'ehr in Karlsruhe, auf dieselbe Möglichkeit aufmerksam gemacht worden.
Herrn Fehr war es, wie vielen Malern, wenn auch vielleicht nicht allen, bekannt, dafs
sich die Spitze gewisser kleiner Vogelfedern für Linearzeichnung und speciell für
Miniaturarbeit vortrefflich eignet. Wie ich jetzt weifs, kennt jeder deutsche, italiänische,
französische Waidmann jene kleinen, schlanken und spitzen »Malerfedern« (penna dei
pittori, plume des peintres), von denen sich je eine im Flügelgelenk der Schnepfe direct
hinter der gröfsten Schwungfeder befindet. Der Jäger pflegt sie als Trophäe aus dem
Pflügel des erlegten Thieres herauszuziehen. An manchen Orten sind diese P'ederchen
im Handel. Aber nicht nur die Familie der Schnepfenvögel, auch die Schwalbe,
und speciell die schwarze Mauer- oder Nachtschwalbe, liefert derartige Malerfedern.
 
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