Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
von Fritze, Zum griechischen Opferritual.

Da das αίρεσθαι für Eleusis bezeugt ist, könnte man vermuten, daß es hier
im Widerspruch mit unserer Erklärung im chthonischen Ritual vorkomme. Dem ist
nicht so. Die Ephebeninschriften sagen nicht, wem das Opfer galt. War es Demeter,
wie wenigstens die Proerosien glauben lassen sollten, so waren chthonische Opfer
nicht angängig, auf die auch keine termini der Inschriften weisen. Denn der Kult
galt der Erdsegen verleihenden Göttin, die nicht durch Blutspenden εις βόθρον ver-
ehrt wurde, sondern an den Opfern an die Olympier teilnahm. Dasselbe dürfen
wir annehmen, wo Demeter und Kore verbunden waren. Nur wenn Pluton zur Kore
tritt, wird der chthonische Charakter maßgebend33. Da überdies der Text der In-
schrift sagt: ηραντο δέ και τους βοΰς το[υς] έν Έλευσΐνι τη θυσία και τοις προηροσίοις και
τους έν τοίς άλλοις ιεροΐς και γυμνασίοις, so scheint damit eine Gesamtheit gleichartiger
Kultformen gemeint zu sein, die sicher nicht alle chthonisch sein konnten.
Ein anderer Kultkreis, der die chthonische Schächtmethode kennt, ist der
des Mithras. F. Cumont, der ihn eingehend behandelt hat, kommt zu dem Schluß,
daß das Urbild des stiertötenden Mithras in hellenistischer Zeit und vermutlich in
Kleinasien entstanden sei unter Anlehnung an die populäre Darstellung der Nike
βουθυτουσα34. Es ist nicht möglich, das Mithrasritual ohne weiteres zum Beweis für
unsere These heranzuziehen. Denn ihm liegen persische Religionsvorstellungen zu
Grunde, in welche erst sekundär chaldäische und hellenische Elemente eindringen.
Dennoch scheint es mir unter Voraussetzung der Annahme, daß es sich um eine
hellenische und zwar chthonische Opferform handelt, unmöglich, daß man diese zur
Darstellung des Mithrasopfers verwandt hätte, wenn nicht in der religiösen Idee
Berührungspunkte bestanden. Daß dies der Fall war, beweist sowohl die persische
Sage, als auch die Funde in den Mithraeen. Persischem Glauben nach galt das
Opfer des Stieres nicht nur der Schöpfung der Welt, sondern auch dem Ende der
Zeiten, damit die Menschen durch sein Blut wieder auferständen35. Und wenn man
ferner als Orte des Mithrasdienstes unterirdische Höhlen kennt, deren Hintergrund
das bekannte Relief schmückt, vor dem sich im Pflaster des Bodens Opfergruben
befinden36, so ist damit der chthonische Charakter des Rituals festgestellt.
Berlin. H. von Fritze.

33) Vgl. Stengel, Sakraltert.2, S. iio und 112. 35) Vgl. Cumont bei Roscher a. a. O.
34) F. Cumont a. a. O., Bd. 1, S. 179 f.; bei Roscher, 3B) Cumont bei Roscher a. a. O., Sp. 3062.
Myth. Lex., Bd. 2, 2, Sp. 3051 ff.
 
Annotationen