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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 34.1919

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Rodenwaldt, Gerhart: Zeus Bronton
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https://doi.org/10.11588/diglit.44573#0095
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G. Rodenwaldt, Zeus Bronton.

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Wulff hatte den Berliner Zeuskopf nach seiner allgemeinen kunstgeschichtlichen
Stellung in die zweite Hälfte des vierten oder in das fünfte Jahrhundert datieren zu
müssen geglaubt und in ihm ein Denkmal spätester paganer Kultsitte gesehen.
Ist seine Einreihung in die nordphrygische Kunst richtig, so gehört er in das
dritte Jahrhundert und damit in die Blütezeit des Kultes des Zeus Bronton.
Dadurch gewinnt Wulffs stilistische Analyse des Kopfes ein noch erhöhtes
Interesse. Leider hat Wulff weder bei der Behandlung dieses Kopfes noch in
seiner Geschichte der altchristlichen Kunst die phrygische Denkmälergruppe be-
rücksichtigt, an der sich auch der unmittelbare Übergang zu christlichen Denk-
mälern besonders gut verfolgen läßt. Seine
Bemerkungen über den ornamentalen Stil des
Kopfes und die geschichtliche Bedeutung
dieser Umstilisierung klassischer Formen treffen
jedoch nicht nur auf den Berliner Kopf, sondern
auf die ganze Gruppe der phrygischen Denk-
mäler zu. Besonders lehrreich und leicht
faßbar sind diese stilistischen Vorgänge bei
der Darstellung des Gewandes (vgl.Abb. 3 u. 6).
Man muß weit in das Mittelalter hinein gehen,
um die gleiche Stufe ornamentalen Linienspiels
zu finden.
Der Umsetzung plastischer Formen ins
Lineare und Flächenhafte begegnen wir als
einem Zeichen der Rückbildung in der gesamten
provinzialrömischen Kunst zu allen Zeiten und
in allen Provinzen des Reiches1). Im Osten
heben sich daraus zwei zufällig besonders gut
erhaltene Gruppen, die palmyrenische und die phrygische Kunst, heraus, in
denen stärker als an anderen Stellen neben die rein negative Auflösung des-
Plastischen das positive Element bewußter Ornamentalisierung tritt. Die Blütezeit
beider Gruppen fällt in die gleiche Periode; die palmyrenische findet mit
der Zerstörung Palmyras eher ein Ende. Wir können in diesem sich so
elementar äußernden ornamentalen Triebe vielleicht schon den gleichen Geist
erkennen, aus dem heraus weit später die allmählich zunehmende Ornamen-
talisierung der byzantinischen Kunst erwuchs. Als Äußerungen dieses Empfindens
haben beide Gruppen eine symptomatische Bedeutung. Man darf dabei aber
nicht vergessen, daß einen noch stärkeren Anteil sowohl bei den antiken
Gruppen, wie bei der nachantiken Entwicklung die Rückbildung zum Primi-
tiven und das Sinken der Qualität haben, und darf vor allem den geschicht-


wird von Koerte (bei Studniczka, Tropaeum
Traiani 132, Anm. 24) etwa in den Beginn des
dritten Jahrhunderts gesetzt.
1) Vgl. die Untersuchungen von Studniczka, Tro-
Jahrbuch des archäologischen Instituts XXXIV.

paeum Traiani 123 ff. S. auch Rodenwaldt,
Zeitschr. f. Ästhetik XI 1916,483 ff.: Wulff, Grund-
linien und kritische Erörterungen zur Prinzipien-
lehre der bildenden Kunst 58.
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