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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 38/​39.1923/​1924(1924)

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Waldhauer, Oskar: Zur lakonischen Keramik
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https://doi.org/10.11588/diglit.44819#0048
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Oskar Waldhauer, Zur lakonischen Keramik.

Lösungen, indem auf größere Leichtigkeit im Aufbau und harmonischeren Ausgleich
zwischen rein dekorativen und rein konstruktiven Anforderungen das Hauptgewicht
gelegt wird. Die starke Verjüngung des Fußes nach oben scheint auf erneuten, viel-
leicht direkten Einfluß ägyptischer Formen hinzuweisen *).
Die lakonischen Vasen vervollständigen in vielen Einzelheiten unsere Vor-
stellung von der Entwicklung archaischer Kunst, von dem Verhältnis des Westens
zum Osten und beider zu Ägypten. Die Fundstatistik beweist, wie rege der Verkehr
zwischen Lakonien, Samos, Naukratis und Daphnä Avar und ein lebendiger Formen-
austausch ist vorauszusetzen. Die samischen Vasen, wie die zitierte Lekythos, oder
die hier abgebildete Schale zeigen, daß die jonischen Meister gern die geschwungenen
Umrisse ägyptischer Vasen übernahmen, da sie in manchem mit den Konturen der
ererbten spätmykenischen Formen übereinstimmten. Der Westen hat die Periode
des geometrischen Stils durchlebt, seine Formen in strenge Rahmen gepreßt und ein
wohl abgewogenes System der Verhältnisse anzuwenden gelernt, wobei die dekorativen
Elemente den konstruktiven untergeordnet wurden, in Sparta sehen wir die beiden
Welten aufeinanderstoßen, der geometrische Zylinder verwandelt sich in ein elastisches
Organ dank der Entasis, ein reiches Ornament überzieht die Gefäßwände, ja, zeitweise
hat es den Anschein, als würde das ornamentale Element die Oberhand gewinnen
und das konstruktive aus dem Felde schlagen. Wenn der konstruktiv so wichtige
Streifen zwischen den Henkeln, der als stützendes Übergangsglied in massiver Glätte
und Einfachheit gehalten werden sollte, mit einem Ornament versehen wird, ist hierin
nicht eine analoge Erscheinung zu erblicken wie an der Architravverzierung des
Tempels von Assos ? Ja, spiegelt sich in diesen lakonischen Schalen nicht der Kampf
wieder, der in der Monumentalarchitektur um das Verhältnissystem geführt wurde?
Die eminente Bedeutung der lakonischen Vasen liegt darin, daß wir hier den Prozeß
der Entwicklung lebendiger Formen beobachten können, der allmählichen Ver-
einigung des geometrischen Gliederungsprinzips mit der lebendigen Formenbehand-
lung des an kretischen Traditionen und neuen orientalischen dekorativen Elementen
so reichen Ostens.
Noch einige Worte über die Zeichnung. Schon Puchstein hat auf naturalistische
Züge auf »kyrenäischen« Vasen hingewiesen 2). Die Schale der Ermitage bestätigt
die Beobachtung. Bei aller Steifheit und Strenge der Stilisierung sind die Beine des
Pferdes naturgetreu wiedergegeben, besonders aber fällt eine Eigentümlichkeit auf:
an dem Vogel ist das Gefieder am Rücken und Flügeln mit einer unregelmäßigen
Strichelung wiedergegeben, die nur als Versuch einer malerischen Charakterisierung
der Masse aufgefaßt werden kann. In der Tat finden sich ähnliche Erscheinungen
auf streng durchgeführten Zeichnungen aller Perioden der lakonischen Vasen, am
deutlichsten auf dem Dinos im Louvre 3). Hier ist das Fell der Kentauren ähnlich
charakterisiert. Jedoch auf derselben Vase findet sich Strichelung am rechten Arm

) Z. B. Maspero, Gesch. der Kunst in Ägypten 277,
Abb. 526 und Tafel zu S. 288, vgl. den Echinos
zwischen Fuß und Wandung, der auf einigen 2)
3) Dugas 17, Arch. Ztg.

lakonischen Vasen vorkommt, mit v. Bissing,
Steingefäße 18218 T. VII.
Vgl. auch Studniczka, Kyrene 18 zu Abb. 13.
1881 T. 11,12.
 
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