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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 38/​39.1923/​1924(1924)

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Lippold, Georg: Zur griechischen Künstlergeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.44819#0176
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Georg Lippold, Zur griechischen Künstlergeschichte.

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Tradition, Phryne sei das Modell der koischen Aphrodite des Apelles gewesen. Darüber
wußte man aber auch nichts sicheres, denn eine andere Quelle (Plin. 35,86) nennt als
Vorbild für die Koerin Pankaspe — auf die man auch wieder nur kam, weil Pan-
kaspe mit Apelles in einer Anekdote verbunden war (Plin. 35, 86). Aber die Glaub-
würdigkeit der Verbindung von Phryne mit der Knidierin wird man nicht höher
einschätzen wollen.
Auch hier hat wieder der große mit Praxiteles verknüpfte Name gewirkt, er
hat wieder einen andern verdrängt: Clemens Protrept. 53 nennt nach Poseidippos
περί Κνίδου, also einem Lokalschriftsteller, als Modell die Hetäre Κρατίνη. Der
Name, wenn auch sonst anscheinend nicht bezeugt, bietet keinen Anstoß.
Als glaubwürdig bleibt nur übrig, daß Praxiteles die beiden Phrynestatuen
geschaffen hat. Irgendwelche »zarte« Beziehungen brauchen zwischen Hetäre und
Künstler nicht bestanden zu haben, wenn auch ihr Verkehr nicht rein platonisch gewesen
sein wird. Praxiteles hatte aber als Familienvater keine Veranlassung, davon viel
Aufhebens zu machen. Phryne kann schon über die erste, sogar über alle Blüte hinaus-
gewesen sein, als sie aus den Schätzen, die sie durch ihre Schönheit erworben hatte,
dem Liebesgott ihrer Vaterstadt ein Dankgeschenk darbrachte und gleichzeitig —
der besondere Vorwand ist unbekannt — im religiösen Mittelpunkt von Hellas ihre
Statue weihte. Natürlich zeigten die Statuen, wie sie in ihrer Blüte ausgesehen hatte;
ob sie aber von der Schönheit mehr enthüllte, als »anständige« Frauen, die ihre Sta-
tuen in Heiligtümern aufstellen ließen, darf bezweifelt werden T).
So kommt für beide Statuen sehr wohl die Zeit von 345—338 in Betracht.
Auch Pomtow hat wenigstens gegen die Weihung der delphischen Statue in dieser
Zeit keinen weiteren Grund vorgebracht. Ein solcher ist nicht, daß dann die Phryne
des Praxiteles, die den Namen ursprünglich trug zeitlich an die eigentlich Mne-
sarete genannte Phryne des Hypereides zu nahe herankäme. »Kröte« ist ein Name,
der für Hetären öfter vorgekommen sein wird 2), sich nicht etwa als Monopol von
»Lehrerin« auf »Schülerin« vererbt hat. Zudem nehmen wir ja auch an, daß die

) Die Statue von Ostia, die Pomtow nach Furt-
wängler auf die delphische Phryne zurückführt,
kann nicht Kopie nach Praxiteles sein, da nicht
die Ausführung, sondern die ganze Anlage des
Gewandes über praxitelische Art hinausgeht.
Bei Pomtows Datierung vor 372 wäre der sti-
listische Abstand noch stärker. Pomtow hätte
bei dieser Gelegenheit auch die Vermutung von
Poulsen (Mon. Piot XXI 3 ff.) erwähnen müssen,
daß in einer Doppelherme in Compiegne die

stellt doch auch der weibliche Kopf eine lite-
rarische Größe dar.
) Φρύνη als Spitzname Arist. Eccl. 1101. Auch
die Φρύνη, die zusammen mit andern schon
vor der Perserzerstörung ein Weihgeschenk an
die Athena der Akropolis aufgestellt hat (I. G.
I Suppl. p. 80, 3735, vgl. Bechtel, Personennamen
591) ist verdächtig, weil neben ihr Σμικ[ρα]
erscheint, die wir ja als Hetäre der vorpersischen
Zeit kennen (Furtw.-Reinh. T. 63, Klein, Lieb-
lingsinstr. 76). Daß Φρΰνος gerade in Thespiae
(Bechtel 587, Verlustliste wohl von Delion 424) als
regulärer Name vorkommt, beweist nichts, da
der Mannsname auch z. B. in Attika öfter belegt
ist (Kirchner, Pros. att. 15025—28). Also hat
doch vielleicht auch Phryne bei der Geburt
ehelicher Abkunft ist sie gewesen.

Porträts von Phryne und Hypereides (weitere
Wiederholung: Poulsen Danske Vid. Selsk. Medd.
IV 1, 4 ff.; die Zweifel von Poulsen, ob Benn-
dorfs »Platon« Öst. Jhr. II Taf. IV Replik sei,
sind ganz unbegründet) vereinigt seien, wenn auch
hier der Beweis nicht zwingend ist. Vielleicht
einen weniger anzüglichen Namen erhalten; denn
 
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