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Wie es zur Eingemeindung kam

Der Wunsch zweier Gemeinden nach einem Zusammenschluß, ist in den meisten
Fällen diktiert von kommunalpolitischen Notwendigkeiten. Gemeinsame Aufgaben,
die eine Gemeinde finanziell allein nicht zu lösen vermag, finanzielle Schwierig-
keiten einer Gemeinde sind gewöhnlich der Anlaß zu einer Eingemeindung. Oder die
fortschreitende Bebauung bis zur Gemarkungsgrenze führt zwangsläufig zur Ein-
gemeindung der kleineren Gemeinde durch die größere. Zwecks Wahrung eines ein-
heitlichen Baubildes müssen sich hier die beiden Gemeinden rechtzeitig zusammen-
schließen, zumal neben der Lösung von Baufragen noch die Festlegung des Bau-
geländes, der Straßenführungen, Kanalisation usw. einheitlich durchzuführen ist. In
der Zeit um die Jahrhundertwende überstürzen sich derartige Vorgänge zwar nicht.
Es war damals weder mit einem plötzlichen rapiden Ansteigen der Bevölkerungszahl
noch einer ungewöhnlich umfangreichen Bautätigkeit zu rechnen. Es gehörte hier
schon ein Weitblick dazu, die künftige Entwicklung zweier Gemeinden richtig zu
erkennen und die Lenkung dieser Entwicklung durch freiwillige Aufgabe der kommu-
nalen Selbständigkeit in die Hand der größeren Gemeinde zu legen, bevor durch
getrennt durchgeführte Maßnahmen und Sparsamkeit am falschen Platze Fehler
gemacht werden, die sich nicht mehr korrigieren lassen, wenn die Eingemeindungs-
frage akut geworden ist.

Die Bürger Handschuhsheims hatten diese Notwendigkeit rechtzeitig erkannt. Von
ihnen, nicht von der Stadt Heidelberg, ging die Initiative zur Eingemeindung Hand-
schuhsheims aus. Nachdem sich Neuenheim schon früher mit dem Antrag auf Ver-
einigung mit Heidelberg an die Stadtverwaltung gewandt hatte und die Eingemein-
dung Neuenheims im Jahre 1891 vollzogen worden war, fielen die Gemarkungs-
grenzen der Gemeinde Handschuhsheim mit denjenigen der Stadt Heidelberg
zusammen. Die Baugrenzen waren allerdings noch erheblich voneinander entfernt.

In jenen Jahren waren die Verhältnisse in Handschuhsheim noch sehr ländlich. Es
gab keine Gasbeleuchtung. Die Straßen wurden durch Petroleumlaternen beleuchtet. Es
fehlte jede Kanalisation. Die Abwässer und das Regenwasser flössen in die Straßen-
rinnen und von dort in den Mühlbach. Die Wasserversorgung Handschuhsheims er-
folgte öffentlich durch Brunnen. Der ständige Verkehr der Handschuhsheimer, die
viele ihrer Kinder bereits in die städtischen Schulen schickten, mit der Bevölkerung
Heidelbergs, der ständige Besuch und die Ansiedlung vieler Fremder in Handschuhs-
heim bewirkte damals, daß zahlreiche fortschrittliche Handschuhsheimer die Ein-
führung dieser kulturellen Neuerungen für ihren Ort dringend wünschten. Mit
erstaunlichem Mut gingen die Gemeindeverwaltung Handschuhsheims und seine
Bürger an die Lösung dieser Fragen. In den Jahren 1893/94 wurde bereits ein Wasser-
werk erbaut und in sämtlichen Häusern Handschuhsheims Wasserleitungen gelegt.
Anschließend erfolgte die Erbauung eines neuen Schulhauses. Verschiedene Straßen
wurden neu angelegt und im Jahre 1897 mit der allgemeinen Kanalisierung be-
gonnen.

Gleichzeitig setzte eine rege Bautätigkeit ein, und zwar hauptsächlich in Rich-
tung der Gemarkungsgrenze gegen Heidelberg zu. In jene Zeit fallen nun die
ersten Bestrebungen einzelner Handschuhsheimer Bürger, Handschuhsheim mit der
Stadt Heidelberg zu vereinen. Sie stießen bei ihrem Gemeinderat jedoch auf wenig
Gegenliebe. Dieser lehnte vielmehr die Bearbeitung eines Antrages auf Eingemein-
dung einstimmig ab. Daraufhin reichten am 18. Oktober 1898 die an der Eingemein-
 
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