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immer auf dem Wege und in den Akten lagen. Dennoch, wir sind ein gutes Stück vor-
angekommen, und die tatkräftige und allseitige Anwendung der demokratischen Frei-
heiten gereichte der Sache bestimmt nicht zum Schaden. Es ist selbstverständlich, daß
eine Turn- und Festhalle, die später einmal in organischem Zusammenhang mit
einem Schulgebäude stehen soll, nicht für sich alleine geplant und gebaut werden
kann. Die Vorlage an den Stadtrat, die von dieser Erkenntnis ausgehend, einen
Wettbewerb über das gesamte Bauprojekt vorsah, fand einmütige Zustimmung.

Wie sieht das Bauprogramm des Wettbewerbes aus? — Es bezeichnet als Bauplatz
ein etwa 15 000 qm großes Gelände Ecke Klausenpfad—Eckenerstraße, mitten in
einem Wohnviertel gelegen, jedoch allseitig von diesem durch Straßen und Grün-
streifen abgetrennt. Ein erweiterungsfähiges Turnhallengebäude, durch den Einbau
einer Bühne zugleich als Festhalle verwendbar, steht im Mittelpunkt der Programm-
forderungen. Die Lösung dieses Problems stellt die schwierigste Aufgabe des Wett-
bewerbs. Was der Auslober in dieser Hinsicht wußte, haben die zahlreichen Rück-
fragen der Wettbewerbsteilnehmer bestätigt. Es ist eben eine schwere Aufgabe,
einen Teil eines Gebäudes bereits als ein Ganzes erscheinen zu lassen.

Ein weiterer und wichtiger Programmpunkt bezieht sich auf die in Verbindung mit
der Turn- und Festhalle zu errichtende Hausmeisterwohnung. Auf die architektonisch
gute und zweckmäßige Einfügung in das Gesamtprogramm, wird das besondere
Augenmerk der Preisrichter vermutlich gerichtet sein. Das Bauprogramm für das
eigentliche Schulgebäude enthält die Forderung nach 18 gut belichteten und nach
modernen Gesichtspunkten gestalteten Klassenräumen. Eine klare, bauliche Tren-
nung in eine Knaben- und Mädchenschule, insbesondere was den Schulhof anbetrifft,
haben die hiesigen Pädagogen nicht verlangt. Ihr diesbezügliches, auf Erfahrung ge-
gründetes Vertrauen stellt der Handschuhsheimer Jugend ein gutes Zeugnis aus.
Neben den eigentlichen Klassenräumen sind ein Physikraum, je ein Zeichen- und
Singsaal, zwei Handarbeitsräume und ein Raum für den Religionsunterricht vor-
gesehen. Zwei Räume für den Werkunterricht, eine geräumige Schulküche mit ent-
sprechenden Nebenräumen, ein Schülerbad und andere mehr, können in die Unter-
geschosse der Schulgebäude verlegt werden. Gut gestaltete Bibliotheksräume,
Lehrer-, Arzt- und Elternsprechzimmer sind im Wettbewerbsbeschrieb in angemesse-
ner Zahl und Größe ausdrücklich berücksichtigt.

Den am Wettbewerb teilnehmenden Architekten ist im Rahmen dieses Programmes
ein weitgehender Spielraum gelassen. Es bleibt der Einsicht und Erfahrung des ein-
zelnen Architekten überlassen, ob er eine mehrgeschossige Bauanlage oder dem sog.
Flachbau — auch Pavillonsystem genannt — den Vorzug geben oder ob er beide
Systeme miteinander vereinigen will. Die hiermit eingeräumte gestalterische Frei-
heit schafft die Voraussetzung für die Gewinnung aller im neuzeitlichen Schulhaus-
bau errungenen Erkenntnisse und Erfahrungen. Der Auslober bzw. das Preisgericht
haben die Möglichkeit, aus einer Vielzahl von angebotenen Lösungen jene auszu-
wählen, die den modernen pädagogischen, architektonischen und wirtschaftlichen
Gesichtspunkten am meisten entsprechen.

Die Ausschreibung des Handschuhsheimer Wettbewerbes, dies sei zum Schluß
bemerkt, hat ein großes Echo gefunden. 47 Arbeiten wurden am 15. Juli 1953 recht-
zeitig eingereicht und sind inzwischen vorgeprüft worden. Das Preisgericht wird
voraussichtlich Mitte September zusammentreten.

Es bleibt zu hoffen, daß die bisherigen Aufwendungen an Zeit und Mühe durch
das Ergebnis des Wettbewerbes gerechtfertigt werden. Wenn die Handschuhsheimer
im nächsten Jahr in ihre Turn- und Festhalle einziehen, werden sie das vergebliche
Rufen nach der Eile, das am Beginn des Unternehmens so deutlich und so vielseitig
ertönte, vergessen haben, es sei denn, daß über der Festhalle nicht die unsichtbaren
Worte stehen dürften, „Gut Ding muß Weile haben!"
 
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