Der Palatin.
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Mühle zwischen hohen feuchten, früher mit
Moos und üppigem Epheu bewachsenen
Wänden, fast wie in einer Felsenschlucht,
die Cloaca maxima wie ein starker Bergbach
rauschend aus ihrem Gcwölbbogen zu Tage.
Weiterhin öffnet sich ein unregelmäßiger, aber
höchst malerischer Platz, die Piazza Bocca della
Veritä (Abb. 94): in der Mitte ein sprühen-
der Barockbrunnen, gerade vor uns unmittel-
bar am Tiberufer ein zierlicher, von korin-
thischen Säulen aus parischem Marmor
getragener Rundtempel, dessen modernes
flaches Ziegeldach unmittelbar auf den
ist auch die kolossale Maske in der Vor-
halle, die Bocca della Verita, der „Wahr-
heitsmund" genannt; denn nach dem Glauben
des Mittelalters brachte, wer beim Schwur
die rechte Hand in die Öffnung steckte, sic
nicht wieder heraus, wenn er falsch ge-
schworen hatte (vgl. Abb. 7 u. 29).
Von der Niederung steigen wir auf-
wärts zu dem Hügel, der die Rohrhütten
der ältesten Stadtanlage und die stolzen
Kaiserpalästc trag, znm Palatinus. Vor
uns liegt, von der Via San Teodora aus
gesehen, ein steiler, fast senkrechter Abhang,
Abb. 85. Ponte Molle.
Nach einer Photographie von Gebr. Alinari in Florenz. (Zu Seite 77.)
Kapitülen aufliegt, jetzt das Kirchlein der
Santa Maria del Sole, rechts ein wohl-
erhaltener kleiner Tempel ionischer Ordnung,
vielleicht der des Hafengotts Portunus, seit
Pius V. der Maria von Ägypten (Egiziaca),
der Schutzheiligen der Dirnen, geweiht, da-
hinter der wunderliche mittelalterliche Ziegel-
bau, der das Haus des Rienzo heißt, links
die Vorhalle einer großen altchristlichen
Basilika mit schlankem Glockenturm, der
stilgerecht wieder hergestellten Santa Maria
in Cosmedin, die aus den Resten des
Cerestempcls gebaut worden ist und ihnen
namentlich wohl die Marmorsäulen auf
der linken Seite des Hauptschiffs und an
der Eingangswand entnommen hat. Antik
der sich an dieser Stelle über dem Thal-
boden um beinahe 40 in erhebt; braunrote
Mauerstücke stützen ihn hie und da, dunkle
Laubmassen krönen ihn. Wollen wir zu den
ältesten Resten ans dem Hügel gelangen, so
müssen wir durch den Eingang bei San
Teodora rechts den steilen Weg hinauf-
steigen. Dort sind noch Stücke der ältesten
Ringmauer aus großen Tuffblöcken sichtbar,
und an diesen führt ein in den Felsen ge-
arbeiteter Stufenweg, die Cacusstiege, auf
das Plateau zu dem südlichen Thore der
Roma quadrata. Droben liegen an der
Südwcstecke die Grundmauern des Tempels
der Magna Mater (nach andern der Victoria),
von dunklen, immergrünen Steineichen be-
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Mühle zwischen hohen feuchten, früher mit
Moos und üppigem Epheu bewachsenen
Wänden, fast wie in einer Felsenschlucht,
die Cloaca maxima wie ein starker Bergbach
rauschend aus ihrem Gcwölbbogen zu Tage.
Weiterhin öffnet sich ein unregelmäßiger, aber
höchst malerischer Platz, die Piazza Bocca della
Veritä (Abb. 94): in der Mitte ein sprühen-
der Barockbrunnen, gerade vor uns unmittel-
bar am Tiberufer ein zierlicher, von korin-
thischen Säulen aus parischem Marmor
getragener Rundtempel, dessen modernes
flaches Ziegeldach unmittelbar auf den
ist auch die kolossale Maske in der Vor-
halle, die Bocca della Verita, der „Wahr-
heitsmund" genannt; denn nach dem Glauben
des Mittelalters brachte, wer beim Schwur
die rechte Hand in die Öffnung steckte, sic
nicht wieder heraus, wenn er falsch ge-
schworen hatte (vgl. Abb. 7 u. 29).
Von der Niederung steigen wir auf-
wärts zu dem Hügel, der die Rohrhütten
der ältesten Stadtanlage und die stolzen
Kaiserpalästc trag, znm Palatinus. Vor
uns liegt, von der Via San Teodora aus
gesehen, ein steiler, fast senkrechter Abhang,
Abb. 85. Ponte Molle.
Nach einer Photographie von Gebr. Alinari in Florenz. (Zu Seite 77.)
Kapitülen aufliegt, jetzt das Kirchlein der
Santa Maria del Sole, rechts ein wohl-
erhaltener kleiner Tempel ionischer Ordnung,
vielleicht der des Hafengotts Portunus, seit
Pius V. der Maria von Ägypten (Egiziaca),
der Schutzheiligen der Dirnen, geweiht, da-
hinter der wunderliche mittelalterliche Ziegel-
bau, der das Haus des Rienzo heißt, links
die Vorhalle einer großen altchristlichen
Basilika mit schlankem Glockenturm, der
stilgerecht wieder hergestellten Santa Maria
in Cosmedin, die aus den Resten des
Cerestempcls gebaut worden ist und ihnen
namentlich wohl die Marmorsäulen auf
der linken Seite des Hauptschiffs und an
der Eingangswand entnommen hat. Antik
der sich an dieser Stelle über dem Thal-
boden um beinahe 40 in erhebt; braunrote
Mauerstücke stützen ihn hie und da, dunkle
Laubmassen krönen ihn. Wollen wir zu den
ältesten Resten ans dem Hügel gelangen, so
müssen wir durch den Eingang bei San
Teodora rechts den steilen Weg hinauf-
steigen. Dort sind noch Stücke der ältesten
Ringmauer aus großen Tuffblöcken sichtbar,
und an diesen führt ein in den Felsen ge-
arbeiteter Stufenweg, die Cacusstiege, auf
das Plateau zu dem südlichen Thore der
Roma quadrata. Droben liegen an der
Südwcstecke die Grundmauern des Tempels
der Magna Mater (nach andern der Victoria),
von dunklen, immergrünen Steineichen be-