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Straßentypen.
spännigen Karrossen der Kardinale; die
Kirchenfürsten begnügen sich jetzt (wie es
heißt, zu ihrer großen Erleichterung) mit
einem einfachen, zweispännigen Coups, wie
sich auch die königlichen Equipagen nur
durch die scharlachrote Livrse der Kutscher
und Diener auszeichnen. Überhaupt tritt das
geistliche Element im Straßenverkehr viel
weniger hervor als früher, obwohl man
natürlich Geistliche in langem schwarzem Ge-
wände und
niedrigem
breitrandi-
gem Filzhute
genug sieht;
am auffal-
lendsten sind
darunter die
Zöglinge des
Collegium
germanicum
in scharlach-
roter Tracht,
die der römi-
sche Volkswitz
deshalb gam-
bsri (Krebse)
getauft hat.
Auch die ma-
lerisch zer-
lumpten Bett-
lergestalten
von Piranesis
Kupferstichen
oder Pinellis
(f 1816) Ra-
dierungen
(Abb. 140 u.
141) aus dem
päpstlichen
Rom sucht
man meist vergebens, außer etwa an hohen
Kirchenfesten. Gebettelt wird freilich noch
genug. An den Kirchenthüren haben alte
Leute ihren festen Stand; Kinder laufen
dem Fremden — der Einheimische gibt
nichts — unermüdlich nach und rufen, den
rechten Zeigefinger emporstreckend: „Unsotäo,
siZnors!" Eine arme Mutter, einen kleinen
Jungen an der Hand, bricht aus ihrer Höhle
hervor mit den Worten: „Uu soläo xsr gussto
xovsro raM^^o!" Doch Passiert das fast nur
in Seitengassen. Dagegen sind manche alte
Typen wohl erhalten und neue hinzu-
gekommen. Dort geht neben einer jungen
Frau die Amme (baiia) mit dem bambino
auf dem Arme, stattlich herausgeputzt: im
schwarzen Haar die große Silbernadel, dar-
um kranzartig gefältelt ein Seidenband und
andere bunte Seidenbänder fast bis auf die
Knöchel herabhängend, im grünen Mieder
mit roten Bändern, grauem Rock mit roten
Streifen, darüber ein seidenes Shawltuch,
um den Hals die Korallenkette. Zu ge-
wissen Stun-
den strömen
Scharen von
Knaben und
Mädchen zu
und von den
zahlreichen
Schulen, die
jüngsten in
Begleitung
der Mutter
oder der Kin-
derfrau, die
Gymnasiasten
und die Zög-
linge anderer
höherer Schu-
len nicht in
bunter Mütze,
sondern im
Hut oder in
Matrosen-
tracht. Man-
che derselben
tragen einen
dunkelblauen,
kurzen, är-
mellosen Mi-
litärmantel
und die Mili-
tärmütze mit
den Buchstaben 6. U., Angehörige eines Con-
Vito nazionale, eines staatlichen Internats,
andere in demselben Anzuge die Buchstaben
8.1?. an der Mütze (8aeraI?ami§Ijg,), Zöglinge
des neuen großen römischen Waisenhauses,
das noch Filialen in Albano, Belletri und
Frosinone hat. Sind das schon neue Er-
scheinungen, so tritt das Militär noch mehr
hervor, die Gemeinen in dunkler, einfacher,
aber sehr kleidsamer Uniform; auffallender
sind nur die Bersaglieri (Scharfschützen) mit
breiten schwarzen, von einem mächtigen
grünen Federbusch fast bedeckten Hüten, die
Abb. 142. Hirt aus der Campagna. (Zu Seite 152.)
Straßentypen.
spännigen Karrossen der Kardinale; die
Kirchenfürsten begnügen sich jetzt (wie es
heißt, zu ihrer großen Erleichterung) mit
einem einfachen, zweispännigen Coups, wie
sich auch die königlichen Equipagen nur
durch die scharlachrote Livrse der Kutscher
und Diener auszeichnen. Überhaupt tritt das
geistliche Element im Straßenverkehr viel
weniger hervor als früher, obwohl man
natürlich Geistliche in langem schwarzem Ge-
wände und
niedrigem
breitrandi-
gem Filzhute
genug sieht;
am auffal-
lendsten sind
darunter die
Zöglinge des
Collegium
germanicum
in scharlach-
roter Tracht,
die der römi-
sche Volkswitz
deshalb gam-
bsri (Krebse)
getauft hat.
Auch die ma-
lerisch zer-
lumpten Bett-
lergestalten
von Piranesis
Kupferstichen
oder Pinellis
(f 1816) Ra-
dierungen
(Abb. 140 u.
141) aus dem
päpstlichen
Rom sucht
man meist vergebens, außer etwa an hohen
Kirchenfesten. Gebettelt wird freilich noch
genug. An den Kirchenthüren haben alte
Leute ihren festen Stand; Kinder laufen
dem Fremden — der Einheimische gibt
nichts — unermüdlich nach und rufen, den
rechten Zeigefinger emporstreckend: „Unsotäo,
siZnors!" Eine arme Mutter, einen kleinen
Jungen an der Hand, bricht aus ihrer Höhle
hervor mit den Worten: „Uu soläo xsr gussto
xovsro raM^^o!" Doch Passiert das fast nur
in Seitengassen. Dagegen sind manche alte
Typen wohl erhalten und neue hinzu-
gekommen. Dort geht neben einer jungen
Frau die Amme (baiia) mit dem bambino
auf dem Arme, stattlich herausgeputzt: im
schwarzen Haar die große Silbernadel, dar-
um kranzartig gefältelt ein Seidenband und
andere bunte Seidenbänder fast bis auf die
Knöchel herabhängend, im grünen Mieder
mit roten Bändern, grauem Rock mit roten
Streifen, darüber ein seidenes Shawltuch,
um den Hals die Korallenkette. Zu ge-
wissen Stun-
den strömen
Scharen von
Knaben und
Mädchen zu
und von den
zahlreichen
Schulen, die
jüngsten in
Begleitung
der Mutter
oder der Kin-
derfrau, die
Gymnasiasten
und die Zög-
linge anderer
höherer Schu-
len nicht in
bunter Mütze,
sondern im
Hut oder in
Matrosen-
tracht. Man-
che derselben
tragen einen
dunkelblauen,
kurzen, är-
mellosen Mi-
litärmantel
und die Mili-
tärmütze mit
den Buchstaben 6. U., Angehörige eines Con-
Vito nazionale, eines staatlichen Internats,
andere in demselben Anzuge die Buchstaben
8.1?. an der Mütze (8aeraI?ami§Ijg,), Zöglinge
des neuen großen römischen Waisenhauses,
das noch Filialen in Albano, Belletri und
Frosinone hat. Sind das schon neue Er-
scheinungen, so tritt das Militär noch mehr
hervor, die Gemeinen in dunkler, einfacher,
aber sehr kleidsamer Uniform; auffallender
sind nur die Bersaglieri (Scharfschützen) mit
breiten schwarzen, von einem mächtigen
grünen Federbusch fast bedeckten Hüten, die
Abb. 142. Hirt aus der Campagna. (Zu Seite 152.)