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I-SS /VmLnts psu äsAvutes.

21. Abraham Bosse. Stich aus deut I?. Iahrhundert auf dis Eeldheirateu.

Nennen wir ein Beispiel. Nehmen wir Bezug auf die amüsanten, so
wunderbar entworfenen, so sarbenprächtigen Lolzschnittzeichnungen der „i>locs
6e /eaane". Nehmen wir Bezug auf die Platten der Vestalinnen, gehen wir
von da zu den Blaustrümpfen von Daumier über, zu den Loretten von Guys,
zu den Gigoletten von Lautrec, zu den Malweibern Leandre, zur Madame
Bordin de Lmort, so begreifen wir, daß die Karikatur weniger herbe wird, oder
doch, daß ihre Art wechselt. Sie sucht immer weniger und weniger zu brand--
marken. Sie läßt sich erweichen. Sie sucht alles zu verstehen und alles zu
synthetisieren. Ist das ein Fortschritt? Zweifellos; aber es ist auch ein Wandel,
denn die Erforschung des Charakters steht über der Jovialität, die häufig grausam
ist. Das Kind respektiert nichts, der junge Mensch achtet schon auf das, was er
sagt, der reife Mann erwägt, prüft, verzeiht bisweilen, erklärt immer, die Karikatur
ist an ihrer Periode der vollen Reife angelangt. Sie ist weniger rachsüchtig (sie
war es bisweilen im Äbermaß), sondern sie ist menschlicher geworden und, mensch-
licher geworden, ist sie noch mehr „Kunst" geworden.

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