Die neue Blütezeit des Mittleren Reiches
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aus Hawara (Kairo), über der wie ein leiser Leidenshauch liegt,
als ahnte sie die Stimmung der Zeit Amenophis IV. voraus. Andere,
wie eine von Legrain in Karnak gefundene Statue, zeichnen
gröber und energischer. Im Bild desselben Menschen treten die
Gegensätze zwischen einer pathetisch nachdenklichen Zeitstimmung
und dem Tatwillen hervor. Noch immer ist also das Königsbild
mehr Träger eines Gedankens als Porträt.
Außer den von der Königshaube umschlossenen Köpfen bevor-
zugt die Plastik die hohe oberägyptische Krone, weil sie mit dem
Kopf wie zur organischen Einheit verwächst. Prächtige Köpfe
monumentaler Königsfiguren stammen aus Karnak und Abydos, sie
gehören wohl auch Sesostris III. an. Einige sehr eigenartige Köpfe
aus grünlichem Schiefer zeigen eine merkwürdig weiche Hautbe-
handlung in der Wiedergabe der Falten unter den Augen, an Nasen-
flügel und Mundwinkel (Abb. 22). Man hat geschwankt, ob sie
nicht teilweise in die späte Renaissance gehören, die gerne an die
Altersköpfe des Mittleren Reiches anknüpft (Abb. 46). Und doch
hat jene Zeit nichts wirklich Gleichartiges aufzuweisen. Anklänge
fühlt man wohl in der Zeit des Tearkos und Monthemhet (Abb. 48),
doch sieht die noch etwas vorsichtig andeutende Art hier nicht nach
dem gesuchten Stil der Spätzeit aus. Dagegen führen sie zu dem
Sebekemsaf der 13. Dynastie hin (Abb. 23). Wie so oft in der
ägyptischen Kunst, treten plötzlich aus dem gewohnten Durch-
schnitt Werke heraus, vor denen wir zunächst etwas ratlos da-
stehen.
Zweifellos verrät ein seltsames Doppelbildnis des Königs als
Nilgott in Kairo mit dessen urzeitlicher Haar- und Barttracht, das,
in Tanis gefunden, die Inschrift eines Königs der tanitischen 21. Dy-
nastie trägt, den Einfluß jener Königsbilder, besonders der Tanis-
sphingen, fraglich kann nur seine geschichtliche Einordnung sein.
Da es sich aber stilistisch grundsätzlich von Gruppen gleichen
Themas aus dem Neuen Reich unterscheidet, liegt es näher, es ans
Ende des Mittleren Reiches zu setzen als in die 21. Dynastie, die
sonst durchaus ramessidische Tradition fortführt.
Es ist nicht wunderbar, daß die zeitgemäße Auffassung des Königs-
bildes auch auf die Wiedergabe der Privatleute abfärbt, die immer
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aus Hawara (Kairo), über der wie ein leiser Leidenshauch liegt,
als ahnte sie die Stimmung der Zeit Amenophis IV. voraus. Andere,
wie eine von Legrain in Karnak gefundene Statue, zeichnen
gröber und energischer. Im Bild desselben Menschen treten die
Gegensätze zwischen einer pathetisch nachdenklichen Zeitstimmung
und dem Tatwillen hervor. Noch immer ist also das Königsbild
mehr Träger eines Gedankens als Porträt.
Außer den von der Königshaube umschlossenen Köpfen bevor-
zugt die Plastik die hohe oberägyptische Krone, weil sie mit dem
Kopf wie zur organischen Einheit verwächst. Prächtige Köpfe
monumentaler Königsfiguren stammen aus Karnak und Abydos, sie
gehören wohl auch Sesostris III. an. Einige sehr eigenartige Köpfe
aus grünlichem Schiefer zeigen eine merkwürdig weiche Hautbe-
handlung in der Wiedergabe der Falten unter den Augen, an Nasen-
flügel und Mundwinkel (Abb. 22). Man hat geschwankt, ob sie
nicht teilweise in die späte Renaissance gehören, die gerne an die
Altersköpfe des Mittleren Reiches anknüpft (Abb. 46). Und doch
hat jene Zeit nichts wirklich Gleichartiges aufzuweisen. Anklänge
fühlt man wohl in der Zeit des Tearkos und Monthemhet (Abb. 48),
doch sieht die noch etwas vorsichtig andeutende Art hier nicht nach
dem gesuchten Stil der Spätzeit aus. Dagegen führen sie zu dem
Sebekemsaf der 13. Dynastie hin (Abb. 23). Wie so oft in der
ägyptischen Kunst, treten plötzlich aus dem gewohnten Durch-
schnitt Werke heraus, vor denen wir zunächst etwas ratlos da-
stehen.
Zweifellos verrät ein seltsames Doppelbildnis des Königs als
Nilgott in Kairo mit dessen urzeitlicher Haar- und Barttracht, das,
in Tanis gefunden, die Inschrift eines Königs der tanitischen 21. Dy-
nastie trägt, den Einfluß jener Königsbilder, besonders der Tanis-
sphingen, fraglich kann nur seine geschichtliche Einordnung sein.
Da es sich aber stilistisch grundsätzlich von Gruppen gleichen
Themas aus dem Neuen Reich unterscheidet, liegt es näher, es ans
Ende des Mittleren Reiches zu setzen als in die 21. Dynastie, die
sonst durchaus ramessidische Tradition fortführt.
Es ist nicht wunderbar, daß die zeitgemäße Auffassung des Königs-
bildes auch auf die Wiedergabe der Privatleute abfärbt, die immer