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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 27.1911-1912

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Utitz, Emil: Was ist Stil?, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.13090#0255

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WAS IST STIL? I

auch diese flüchtige Skizze wenigstens einigen gefühl entkeimen kann, und träumt dabei von l

Anregungswert besitzt und zum Nachsinnen den sonnigen Zeiten der Antike und den leuch- P
über diese wichtigen Fragen anleitet, die mit tenden Tagen der Renaissance. Gegenüber

die bedeutungsvollsten der allgemeinen Kunst- dieser tastenden Sehnsucht und begrifflichen c

Wissenschaft sind. Verschwommenheit erwächst der Wissenschaft G

Die großen Fragen: „Wie gelangen wir zu die Aufgabe, möglichst sachlich und nüchtern V

einem Stil?" und „Woran erkennen wir einen zu prüfen, welchen Sinn eigentlich dieses viel |j

Stil?" werden heute in weitesten Kreisen ge- gebrauchte und viel mißbrauchte Wort „Stil" >

radezu leidenschaftlich erörtert, gleich einer hat. Oder ob es sich hier nicht gar um man- n

Angelegenheit, die berufen erscheint, tief in nigfache Bedeutungen handelt, deren Verschie- Q

unsere praktische Lebenshaltung einzudringen, denheit sich durch die einheitliche Bezeichnung P

Denn wie unklar auch immer die Vorstellungen verschleiert? Und ist die Frage einmal so ge- G

der meisten sein mögen über das eigentliche stellt, erkennt man leicht, daß hierbei recht c

Wesen eines Stils und über die Bedeutung der abweichende, teilweise sogar geradezu gegen- G

Forderung nach einem einheitlichen Stil; irgend- sätzliche Bedeutungen in Betracht kommen. V

wie schwebt doch wohl allen, welche jene — Man redet etwa von dem Stil eines Künstlers, «

für unsere Tage so charakteristische — Stil- so Rubensstil, Rembrandtstil oder Makartstil; Y

Sehnsucht ergriffen hat, der beseligende Ge- dann wieder von Materialstil, so Stil des Mar- fi

danke vor, hier eine versöhnende Harmonie, mors, der Bronze usw.; man erörtert Zweck- q

eine höhere Zusammenfassung zu finden in Stile, so Kirchenstil, Warenhausstil, Bahnhofs- P

dem doch mannigfach zerrissenen und zer- stil; man begeistert sich für nationale Stile, G

spaltenen Leben unserer Zeit. Man hofft auf so germanischer, romanischer, orientalischer, V

diese Weise einen festen, sicheren Ankergrund japanischer Stil; man erforscht Zeitstile, so >

zu gewinnen, dem ein geschlossenes Lebens- die Gotik, die Renaissance, das Rokoko; man >

handelt über naturalistische, n

realistische und idealistische T

Stile und man spricht auch P

von dem Stil der einzelnen G

Kunstzweige, so dem Stil des P

Dramas, dem der Lyrik oder G

dem des Romans. Eines zei- y

gen diese Beispiele wohl völ- ig

lig deutlich: die Notwendig- f

keit, den zutreffenden Sinn n

dieser unterschiedlichen In- J

halte festzustellen und ihrem P

Werte gerecht zu werden. C

Wir beginnen mit dem Be- y

deutungstypus: Stil eines j-

Künstlers; etwa Rubensstil, \

Rembrandtstil, Makartstil. £

Was ist darunter zu ver- )

stehen? Wohl nicht mehr «

und nicht weniger als die (

Eigenart der künstlerischen P

Persönlichkeit, soweit sie im C

Kunstwerke sich ausprägt, y

Denn all die Kunstwerke, £

die von der gleichen künst- l

lerischen Individualität her- /■

rühren, haben eben als Kin- )

der des gleichen Vaters eine r

gewisse innere Verwandt- £

schaff, mögen sie vielleicht P

äußerlich noch so verschie- C

MAX BECKMANN >SS AUS DEN LITHOGRAPHIEN ZUM NEUEN TESTAMENT H„_ --:n Aupr „,,rh j:„ p

Mit Erlaubnis des Verlags E. W. Tieffenbach, Berlin-Steglitz acn ' Aucl aUCH U1C k

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