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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 27.1911-1912

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Wiener Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.13090#0326

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WIENER AUSSTELLUNGEN exempel anzusehen, es bleibt ein ungelöster Rest

übrig; vollgesogen mit allen Problemen, die die

Die rührige Leitung des Hagenbundes hat dem europäische Malerei des ausgehenden neunzehnten
Wiener Publikum durch eine Norwegische Aus- Jahrhunderts beschäftigt haben, bleibt seine Per-
stellung ein bedeutendes Ereignis, fast eine Sensa- sönlichkeit einzigartig, rätselhaft, von dunkeln Myste-
tion vermittelt; weit über die Einzelleistungen be- rien umschattet. Münchs geistige Seite fesselt zu-
kannter und noch unbekannter Künstler wirkt der nächst; seine Welt ist voll von Geheimnissen,
einheitliche und geschlossene Gesamteindruck, um trüber Spuk treibt in ihr sein Wesen, dumpfes
den sich der treffliche Arrangeur der Ausstellung, Leben erfüllt die Dinge, düstere Melancholie, eine
der Direktor der norwegischen Staatsgalerie Tijs atembeklemmende Stimmung weht aus diesen
das größte Verdienst erworben hat. Eine frische Werken. Aber die Welt, die ein Mysterium ist,
blühende Sinnlichkeit im Kampfe mit einer starken bleibt dem Künstler ein sinnliches Erlebnis; die
und düsteren Geistigkeit, kraftvolles Sehen und Objekte sind nicht bloße Symbole, sondern sind in
melancholisches Träumen, ein Wurzeln im natio- Form und Farbe lebend geworden. Die Mittel,
nalen Boden und ein Streben nach den letzten Er- jene starken Stimmungsakkorde anzuschlagen, sind
rungenschaften der europäischen Gesamtentwick- nicht Ideenassoziationen sondern Farbenkontraste
lung — in solchen Gegensätzen, die so stark im und abgewogenes Formenspiel; der Dichter bleibt
norwegischen Wesen und in der Kunstentwicklung ein Maler und seine Werke Bilder. Münchs Viel-
des vergangenen Jahrhunderts begründet sind, ist seitigkeit ist bewundernswert; eine große Kompo-
der Charakter dieser Ausstellung gelegen, in der sition (Herbst) mit wundervoll ausbalancierten
der hohe Ernst alt und jung, Konservative und Gruppen von Menschen, die zu Typen geadelt sind,
Revolutionäre zu einer Einheit zusammenschließt. zwei glänzende vollfigurige Bildnisse (Schlittgen
Trotz des guten allgemeinen Durchschnitts domi- und Gierlöff), ein Selbstporträt im Restaurant, das
niert eine Gestalt unbedingt, Edvard Münch ; seine das Vermögen, eine an sich gleichgültige Umgebung
Bilder und Graphiken sind die bedeutendsten Werte mit intensivem, aufregendem, enervierendem Leben
in der heutigen norwegischen Kunst und die Ein- zu erfüllen, vielleicht am deutlichsten zeigt, Akte
flußsphäre, die von ihnen ausgeht, reicht bis in die und Landschaften, darunter eine blaustrahlende und
Werke jener Jüngsten, die der modernen franzö- feierlich tönende, ausgestirnte Nacht; dazu ein
sischen Entwicklung nahestehen. Münchs Erschei- graphisches Oeuvre, das Schieflers vor ein paar
nung ist nichtals reines kunstgeschichtliches Rechen- Jahren herausgegebenen kritischen Katalog weit zu-

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