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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 27.1911-1912

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Grautoff, Otto: Albert Besnard
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https://doi.org/10.11588/diglit.13090#0369

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| ALBERT BESNARD

I Von Otto Grautoff

Der französische Maler Albert Besnard die Falten des jungen Mannes; hier leuchtet
gehört zu den Lieblingen des deutschen sein Antlitz. Die Ergriffenheit seines Herzens
Publikums und genießt in sehr verschiedenen will sich in Worten befreien. Er blickt um
Künstlerkreisen unseres Landes besondere sich und sieht sich zum zweiten Male allein;

) Hochschätzung. Der hohe Respekt, den seine denn an diesem Bilde schlendert die Menge

| Bilder auf deutschen Ausstellungen erweckt vorüber.

haben, gibt jungen, deutschen Malern, die als Diese verschiedenen Mißverhältnisse in der

) Neulinge in die Pariser Welt treten, die Ver- Einschätzung der Malerei, die sich einmal

j anlassung, das geistige Haupt der Societe wie eine Beleidigung des Publikums, ein

| nationale des Beaux-Arts in seinem Atelier anderes Mal wie eine Beleidigung der streben-

/ in der Rue Guillaume Teil im Weichbild der den, suchenden Jugend ansehen, lassen sich

l Stadt aufzusuchen. Einigen ist die Erfüllung immer auf dieselbe Ursache zurückführen.

( dieses Wunsches ein dringliches Bedürfnis. Der nach persönlichem Ausdruck persönlichen

) Andere, vornehmlich diejenigen, welche ihren Empfindens ringende junge Künstler sucht in

) Aufenthalt in der französischen Hauptstadt den Werken der Meister nach unentwickelten

) in die Länge zu dehnen vermögen, Keimen, die ihr Ueberfluß in die Tiefen ihrer

) nehmen erst die tausendfältigen Anregungen Werke senkte. Die Augen der Enkel durch-

( auf, die die Stadt und die Sammlungen geben, schauen die äußere Vollendung ihrer Formen-

i dann vergessen sie darüber den Drang ihrer weit und fahnden in den Tiefen des Grundes

I ersten Tage, die Arbeitsstätte des berühmten nach der Saat, die ihre Unbewußtheit aus-

\ Franzosen aufzusuchen, und mit dem erfolg- streute. Darin entdecken sie neue Möglich-

( reichenKünstlerZwiesprachezuhalten. ImFrüh- keiten; die nehmen sie auf und trachten sie

) jahrssalon werden sie wieder an ihren ersten zur Entwicklung zu bringen, um eine neue

J Wunsch gemahnt. Sie stehen staunend vor der

) Geschicklichkeit, die der Sechziger in einem

) neuen Decken- oder Wandgemälde entrollt. Eifer-

i sucht und Neid wachen in ihrem Herzen auf,

( aber sie fühlen sich nicht befriedigt, weil sie

I nicht hingerissen werden. So wecken die

\ Malereien Besnards im Geiste des betrachten-

I den Künstlers zwiespältige Empfindungen, un-

J zufriedene dann, wenn der die Werke betrach-

5 tende Künstler seiner Einsamkeit inmitten des

) ihn umgebenden Publikums gewiß wird, das vor

j den Gemälden in echter und natürlicher Be-

/ geisterung aufatmet. Der zuschauende Kritiker,

l der zwischen dem Künstler und dem Publi-

l kum steht, nimmt allein die mürrischen Falten

\ des jugendlichen Künstlers wahr, fängt allein

) die unzufriedenen Blicke auf, die der junge

J Maler bald auf die Bilder, bald auf das Pub-

5 likum richtet, und sucht den Kern des Zwie-

) Spaltes aufzuspüren, der den strebenden sehnen-

) den Jüngling mit der Menge entzweit. Er

( geht dem verstimmten Künstler nach und sieht

\ ihn in einem ferneren Saal vor einer anderen

( Leinwand verweilen, auf der ein Maler in

) ungezügeltem Feuer, in ungebändigtem Maß,

) ja vielleicht in heiterer Verwegenheit aus den

) scharf erkannten Grundelementen eines großen

5 Vorfahren mit stürmendem Willen eine neue

) Welt zu bauen versuchte. Hier glätten sich a. besnard im atelier \»

Die Kunst für Alle XXVII. 15. 1. Mai 1912

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